Wenn Väter nicht zahlen Stadt zahlt bei Unterhalt drauf

Düsseldorf · Wenn Väter nach einer Scheidung keinen Unterhalt für ihre Kinder zahlen, springt die Stadt ein: 2009 mit 5,4 Millionen Euro Unterhaltsvorschuss. In diesem Jahr steigen die Kosten deutlich um 600.000 Euro an.

 Für ihre dreijährige Tochter Alisha Samira bekommt Bianca Becker (39) Unterhaltsvorschüsse vom Sozialamt. Der Vater des Kindes weigert sich, Unterhalt zu zahlen. Ihr Sohn (2) heißt Damian.

Für ihre dreijährige Tochter Alisha Samira bekommt Bianca Becker (39) Unterhaltsvorschüsse vom Sozialamt. Der Vater des Kindes weigert sich, Unterhalt zu zahlen. Ihr Sohn (2) heißt Damian.

Foto: RP, Werner Gabriel

Meist sind es die Väter, die nach einer Scheidung für ihre Kinder Unterhalt zahlen müssen. Die Mindestsätze: 133 Euro monatlich für Kinder unter sechs Jahren, 180 Euro für Kinder von sechs bis elf. Diese Summen aufzubringen, schaffen nicht alle Eltern: Die Forderungen sind für sie zu hoch — oder sie weigern sich schlicht, den Mindestunterhalt zu überweisen.

"Und das zerrt an den Nerven", sagt Bianca Becker. Der Vater ihrer dreijährigen Tochter weigert sich seit Jahren, Unterhalt zu zahlen. Eine Unterhaltsklage hat sie schon gewonnen, trotzdem fließt kein Geld. Als nächstes steht eine Pfändungsklage an. Die 39-Jährige muss weiterhin den Unterhaltszuschuss der Stadt in Anspruch nehmen.

Zahl bleibt konstant

Für 3310 Kinder zahlte das Sozialamt im Jahr 2009 Unterhaltsvorschüsse in Höhe von 5,4 Millionen Euro. "Die Anzahl der Betroffenen und die Höhe der Ausgaben sind in den vergangenen Jahren konstant geblieben", sagt Hartmut Wienen, Abteilungsleiter für wirtschaftliche Hilfen, Integration und Unterhalt. Auch in Zukunft werde sich die Zahl der zu betreuenden Fälle nicht gravierend ändern — trotzdem steigen die Ausgaben. Kosten von sechs Millionen Euro kalkuliert das Sozialamt für 2010 — im Haushaltsplan vom Dezember sind aber nur 5,46 Millionen Euro festgeschrieben.

Der Fehlbetrag von rund 600.000 Euro entstand durch eine Gesetzesänderung der Bundesregierung, die kurz vor dem Jahreswechsel beschlossen wurde: Im Wachstumsbeschleunigungsgesetz wurden sowohl eine Erhöhung des Kindergeldes als auch eine Änderung des Kinderfreibetrages festgelegt. "Und das beeinflusst die Berechnungen des Unterhalts", erläutert Wienen.

Mit dem Gesetz erhöhte sich das Kindergeld um 20 Euro, der Mindestunterhalt um 36 Euro. Weil das Kindergeld mit dem zu zahlenden Unterhalt verrechnet wird, bleiben 16 Euro übrig, die auf die bisher zu zahlenden monatlichen Sätze aufgerechnet werden müssen. Die Rechnung: Pro Jahr werden pro Kind 192 Euro zusätzliche Kosten fällig. Auf alle zu zahlenden Unterhaltszuschüsse hochgerechnet, also 3310 Fälle, macht das den Bedarf von 635 000 Euro aus.

Eigentlich sind die Zahlungen der Stadt Vorschüsse. Eltern, die nicht in der Lage sind, Unterhalt zu überweisen, werden zu Schuldnern der Stadt. Sie müssen das Geld zurückzahlen, doch die Rücklaufquote ist gering: 2009 lag sie bei 15,1 Prozent. "Der Rücklauf ist konstant, weil wir mit den Schuldnern Ratenzahlungen vereinbaren", sagt Wienen. "Die meisten Unterhaltspflichtigen verhalten sich kooperativ." Nur wenige Väter verweigern die Zusammenarbeit — dann greift das Sozialamt zu Vollstreckungsmaßnahmen. Dass die Zahl der Fälle in naher Zukunft sinkt, glaubt Hartmut Wienen nicht: "Gerade in Zeiten schlechter Wirtschaftslagen sind viele Eltern nicht mehr zahlungsfähig, das Problem wird sich eher verschlimmern."

Das glaubt auch Susann Sültemeyer vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter. "Schon wenn der Vater eine neue Familie aufbaut und plötzlich zwei Haushalte zu versorgen sind, geraten Familien in Bedrängnis", hat die Sozialwissenschaftlerin beobachtet. Sie empfiehlt die Beratungen des Verbands oder des Jugendamtes.

(RP)
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