Autor Michael Nast Der Mann, dem die Frauen vertrauen

Düsseldorf · Sie finden ihn witzig, sehr sogar. Michael Nast trägt ein schwarzes Hemd, eine dunkle Hose und eine Bierflasche, als er die Bühne im Savoy Theater betritt. Er hat noch gar nicht angefangen zu lesen, da gibt es schon laute Lacher im Publikum, solche nicht kalkulierten, gelösten.

 Auch das gehört zum Ritual von Michael Nast: Die Zuschauer werfen für ein Foto die Arme in die Luft.

Auch das gehört zum Ritual von Michael Nast: Die Zuschauer werfen für ein Foto die Arme in die Luft.

Foto: david young

Sie finden ihn witzig, sehr sogar. Michael Nast trägt ein schwarzes Hemd, eine dunkle Hose und eine Bierflasche, als er die Bühne im Savoy Theater betritt. Er hat noch gar nicht angefangen zu lesen, da gibt es schon laute Lacher im Publikum, solche nicht kalkulierten, gelösten.

Nast hat ein Buch geschrieben, das "Generation Beziehungsunfähig" heißt. Damit tourt der 41-Jährige sehr erfolgreich durch deutsche Großstädte - die Horte der Singles. Wie ihn die Frauenzeitschrift "Freundin" gefragt habe, ob er eine Kolumne für sie schreiben wolle, erzählt er. "Normalerweise geht immer ein Raunen durch die Menge, wenn ich das erzähle, aber nicht so in Leipzig und Düsseldorf", sagt Nast. Der Mann hat also schon Rituale gesammelt. Zeit zu lachen. Es gibt ja zwei Arten davon, einmal, wenn man etwas witzig findet und dann, wenn man sich denkt "Ich kenne das", erklärt er.

 Florine Gewehr und Martina Przewozniak (v.l.n.r.) können sich in Nasts Texten wiederfinden. Sein Buch "Generation Beziehungsfähig" ist ein Bestseller.

Florine Gewehr und Martina Przewozniak (v.l.n.r.) können sich in Nasts Texten wiederfinden. Sein Buch "Generation Beziehungsfähig" ist ein Bestseller.

Foto: David Young

Die Frauen zwischen 20 und 35, die ihm an diesem Abend zuhören, kennen offenbar ziemlich vieles, was Nast so passiert im Leben. Mal hört es sich an wie ein Glucksen, dann eher weich und mitfühlend, ein andermal tönt ein kieksender Laut durch die Stille - und zieht wiederum Lacher nach sich. Dieser Unterton ist da, zwischen Solidarität und Selbstironie, er liegt über dem gesamten Raum, der wirkt wie ein Hörsaal. Und die meisten Hörerinnen sind begeistert von Nast und den Texten, die meist Geschichten aus dem Alltag sind, zum Beispiel wie Freunde mit der Dating-App "Tinder" ihr Glück suchen und doch nur Sex finden. Oder wie er selbst von einer Frau frappiert wurde, mit der er gerade geschlafen hatte. "So, jetzt kann ich also auch sagen, dass ich mal was mit Michael Nast hatte", habe sie gesagt. "Das ist schon bitter", bringt eine Zuhörerin unter Lachen heraus. Es sind auch ein paar Männer im Theater, aber sie fallen kaum auf. Also stimmlich gesehen. In der letzten Reihe sitzt ein Paar, das während des gesamten Vortrags keinen Laut von sich gibt. Aneinandergeschmiegt hören sie zu, er hat seinen Arm um ihre Schultern gelegt. "Es war ganz interessant", sagt sie, als Nast nach zwei Stunden sein Programm beendet hat. "Aber weltbewegend Neues kam da nicht bei rum."

Vielleicht ist es auch gar nichts Neues, was das Publikum da hören will. Es will sich wiedererkennen, sich ein bisschen reflektieren, aber auch über die gagige Anekdote lachen. Drei Frauen Anfang 20 stoßen im Saal mit ihren Sektgläsern an, machen ein Handyfoto davon. Ein bisschen ist es wie die Treffen zum "Sex-And-The-City"-Gucken. Auch in der amerikanischen Kult-Serie um vier Freundinnen ging es ja um diese Balance zwischen offen über "verruchte" Themen sprechen und darin eine tiefere Ebene zu erkennen. Denn Sinnsuche, das ist es, was die Generation antreibt, die Nast in seinem Buch beschreibt. Haus. Auto. Kinder. Das war die Elterngeneration. Die in den 70er- und 80er-Jahren Geborenen sind anders, so seine These. Sie wollen sich selbst verwirklichen. "Ich weiß nicht, ob ich uns unbedingt beziehungsunfähig nennen würde", sagt Florine Gewehr (24), "aber irgendwas ist schon anders, wenn ich da an meine Eltern denke." Ihre Freundin Martina Przewozniak (24) vermutet, dass die meisten einfach ihr Singledasein genießen wollen. Im Foyer liegen schwarze Turnbeutel mit der Aufschrift "Ist das Liebe oder kann das weg?". Verena Patel

(RP)
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