Kultband City Durch Düsseldorf mit den Rockern aus Ost-Berlin

Düsseldorf · Zu ihrem Lied tanzten schon frisch Vermählte ihren Hochzeitstanz, Zwillinge wurden geboren, Verwandte beerdigt und ein Fan hat den Songtext auf die Wade tätowiert. Toni Krahl und Fritz Puppel von der Band City können so einige Geschichten zu ihrem erfolgreichsten Song "Am Fenster" erzählen.

 City-Tour mit City: Die Bandmitglieder Toni Krahl (li.) und Fritz Puppel haben Düsseldorf per Stadtrundfahrt entdeckt und aus der Bandgeschichte erzählt.

City-Tour mit City: Die Bandmitglieder Toni Krahl (li.) und Fritz Puppel haben Düsseldorf per Stadtrundfahrt entdeckt und aus der Bandgeschichte erzählt.

Foto: veke

Zu ihrem Lied tanzten schon frisch Vermählte ihren Hochzeitstanz, Zwillinge wurden geboren, Verwandte beerdigt und ein Fan hat den Songtext auf die Wade tätowiert. Toni Krahl und Fritz Puppel von der Band City können so einige Geschichten zu ihrem erfolgreichsten Song "Am Fenster" erzählen.

40 Jahre nach dessen Erscheinen gehen die Ost-Berliner wieder auf Tour und machen auch Halt in Düsseldorf. "Wir wollen nicht 40 Jahre City feiern, das wäre ein Fest für alte Männer", sagt der 72-jährige Gitarrist und Gründungsmitglied Fritz Puppel. "Wir wollen die Geschichten dieses Lieds feiern."

In Düsseldorf habe die Band einiges nachzuholen, sagen die beiden auf einer Tour durch die Stadt. Zuletzt haben sie vor Jahrzehnten in voller Besetzung hier gespielt. "Vergangenes Jahr sind wir in der Mitsubishi-Electric-Halle aufgetreten, aber ich habe gefehlt", sagt Sänger Toni Krahl. Er war mit einer Lungenentzündung ans Bett gefesselt. Darum habe Gitarrist Fritz Puppel etwas getan, was er sonst bei keinem Konzert macht: "Wer mich kennt, der weiß, dass ich bei Konzerten immer einen Hut trage", sagt Puppel. "Aber an diesem Abend habe ich den Hut gezogen."

Dass die Band heute zu Besuch in Düsseldorf ist, ist keine Selbstverständlichkeit. Zu Beginn der Bandgeschichte - 1972 in Ost-Berlin - war es sogar ein Problem, an Instrumente aus dem Westen zu kommen. So bezahlten die Bandmitglieder Schmuggler, die Gitarren, Saiten und Verstärker über die Grenze holten, damit City überhaupt Musik machen konnte. Zu Beginn probten sie in einem Club. "Das war immer ziemlich laut, also wollten wir auch mal etwas Ruhigeres spielen", erinnert sich Fritz Puppel. Den Text für "Am Fenster" lieferte ein Gedicht der Lyrikerin Hildegard Maria Rauchfuß. Georgi Gogow, der eigentlich den Bass spielte, brachte eines Abends seine Violine mit zur Probe und eröffnete den anderen Bandmitgliedern, dass er auch Geige spielen kann. "Das hatte er sich vorher nicht getraut, einer Rockband zu sagen", sagt Puppel und lacht. "Das hört man auch heute noch an dem Lied: die außergewöhnliche Besetzung, die Geige und keinen Bass."

1976 - zwei Jahre und einige Wechsel von Bandmitgliedern später - steht die Band im Studio, um die Single aufzunehmen. Nach nur einer Aufnahme war das entstanden, was die Fans heute kennen: Der Song "Am Fenster" läuft ein Jahr später zum ersten Mal im Radio und verkauft sich daraufhin mehr als zehn Millionen Mal. Aber nicht nur in Deutschland ist City erfolgreich. Auch die Griechen mögen die Musik aus der DDR. Wie das zustande kam, ist den Bandmitgliedern bis heute nicht ganz klar. "Vielleicht waren es Touristen, die das Lied mit in den Urlaub genommen haben", vermutet Krahl. "Oder Leiharbeiter aus Griechenland, die den Song in Deutschland kennengelernt haben." So bekommen die Ost-Berliner das Privileg, durch Griechenland und den Westen von Deutschland zu touren und treten auch in Düsseldorf auf. Das feiern die Bandmitglieder heute, 40 Jahre später, mit einer Tournee durch elf deutsche Städte - am 20. Mai im Capitol-Theater stellen sie ihr neues Album "Das Blut zu laut" vor.

Verena Kensbock

(RP)
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