Lesung Roland Jahn stellt sein neues Buch über das Leben in der DDR vor

Düsseldorf · Einer der großen Wendepunkte im Leben von Roland Jahn war die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann aus der DDR im Jahr 1976. "Darf ein Kommunist ausgebürgert werden?", hinterfragte Student Jahn in Jena damals. Diese Kritik gefiel der Stasi gar nicht und sorgte für einen Uni-Rauswurf. Von diesem Einschnitt in seinem Leben erzählte Jahn am Mittwoch im großen Saal der Volkshochschule. Anlass war der VHS-Semesterstart, für den die Veranstalter stets einen prominenten Autor mit einer Lesung präsentieren.

 Roland Jahn ist der Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen und berichtete im großen Saal der Volkshochschule von seiner Zeit in der DDR.

Roland Jahn ist der Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen und berichtete im großen Saal der Volkshochschule von seiner Zeit in der DDR.

Foto: Endermann

Einer der großen Wendepunkte im Leben von Roland Jahn war die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann aus der DDR im Jahr 1976. "Darf ein Kommunist ausgebürgert werden?", hinterfragte Student Jahn in Jena damals. Diese Kritik gefiel der Stasi gar nicht und sorgte für einen Uni-Rauswurf. Von diesem Einschnitt in seinem Leben erzählte Jahn am Mittwoch im großen Saal der Volkshochschule. Anlass war der VHS-Semesterstart, für den die Veranstalter stets einen prominenten Autor mit einer Lesung präsentieren.

So war es auch bei Jahn geplant. "Wir Angepassten. Überleben in der DDR" heißt Jahns Buch. "Dieses Buch ist ein wichtiges Dokument der deutschen Geschichte", sagte Hans-Walter Samuel, Leiter der VHS Düsseldorf. Roland Jahn hatte sein Buch zwar während der Veranstaltung auf den Knien liegen, schlug es aber gar nicht auf. Er erinnert sich auch so an die niedergeschriebenen Erlebnisse noch genau - zu gegenwärtig sind die Jahrzehnte wohl noch, in denen Jahn unter dem "bösartigen Staat DDR" litt, wie er sagt.

Vor seiner Exmatrikulation sei er lange angepasst gewesen, erzählte Jahn. "Ich war sowohl in der FdJ als auch junger Pionier und habe die Staatsideologie lange nicht wahrgenommen." Seine Zeit bei der NVA habe er leisten müssen, sonst wäre er nicht zum Studium zugelassen worden. Der Uni-Rauswurf habe ihm neue Freiheiten eröffnet: Mit verschiedenen Aktionen provozierte er die Staatsmacht und fürchtete keine Repressionen mehr. "Ich war ja schon exmatrikuliert.

" Als er für seine Proteste ins Gefängnis kam, sorgten die West-Medien zwar für seine Freilassung. Die Ehe aber scheiterte und auch die Beziehung zum Vater wurde schwerer. Ausreisen wollte Jahn nicht. "Ich wollte ja weiterkämpfen." Die Stasi aber bürgerte Jahn gewaltsam aus der DDR aus. Im Westen publizierte Jahn Beiträge zu Opposition, Menschenrechtsverletzungen und Alltag der DDR. Etwa 100 Gäste hörten Roland Jahn und seinen Geschichten im großen Saal der VHS zu.

Auch Besucherin Ina Worgitzki war sehr beeindruckt. Sie habe ähnliche Repressalien erlebt, als sie noch DDR-Bürgerin gewesen sei. "Wir sind die Generation Angst", sagte sie. Die Furcht, etwas falsch zu machen oder beobachtet zu werden, könne sie nicht mehr ablegen. "Ich habe ja 40 Jahre DDR-Leben hinter mir", sagte sie. Nach jahrelangem Warten habe sie 1989 noch vor dem Mauerfall in den Westen ausreisen können und lebt nun in Derendorf.

Roland Jahn wurde 2011 der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen. "Diese Dokumente sind wichtig", sagt er. "Aufklärung hat kein Verfallsdatum. Wir müssen mehr über die Ereignisse erzählen, mehr reflektieren."

(lod)
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