Claudia Seidensticker Soziales Engagement trotz Handicap

Düsseldorf · Mit Kulturprojekten unterstützt der Verein "Krass" Kinder, will sie auf ihrem Bildungsweg unterstützen und ihnen Aufmerksamkeit schenken. Die Geschichte seiner Entstehung ist eine dramatische.

 Ein Unfall veränderte das Leben von Claudia Seidensticker. Statt zu resignieren, gründete sie den Verein "Krass", der Kinder fördert.

Ein Unfall veränderte das Leben von Claudia Seidensticker. Statt zu resignieren, gründete sie den Verein "Krass", der Kinder fördert.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Gründerin Claudia Seidensticker arbeitete als bildende Künstlerin und gab Malkurse für Kinder - doch im Februar 2004 ändert sich ihr Leben für immer. Ihre Kinder aus erster Ehe sind da bereits erwachsen, und sie hat sich nur Wochen zuvor in den Physiker Anastassios Fountis, ihren heutigen Ehemann, verliebt. "Ich wollte noch schnell Farben für den nächsten Malkurs besorgen", erinnert sie sich. Bei Blitzeis verliert sie die Kontrolle über ihr Auto, fährt mit hoher Geschwindigkeit gegen einen Baum. Ein nachfolgender Autofahrer - zufällig Sanitäter - zieht sie aus dem brennenden Wagen und rettet ihr Leben. Aber sie ist schwer verletzt, erleidet unter anderem einen komplizierten Beckenbruch, liegt zwei Monate im Koma und verbringt zwei Jahre in Krankenhäusern und Rehabilitationskliniken.

Fountis bleibt an ihrer Seite, gibt ihr Kraft und Zuversicht. "Er hat mir von Anfang an das Gefühl vermittelt, die Frau seines Lebens zu sein, obwohl die erste Zeit unserer Beziehung mit Romantik gar nichts zu tun hatte", erzählt die heute 57-Jährige. Danach ist sie soweit wieder hergestellt, dass sie mit ihm in eine gemeinsame Wohnung ziehen kann, doch wirklich gesund wird sie nie. Längeres Stehen, Spaziergänge oder alleine mit dem Auto fahren - solche Dinge sind für sie unmöglich geworden, ständige Schmerzen und regelmäßige Therapien gehören zur Lebensroutine.

Aber Jammern über das eigene Unglück ist nicht ihre Sache, und ein Leben als Rentnerin kann und will sie sich nicht vorstellen. Und da sie schon immer eine soziale Ader hatte und sehr gern mit Kindern arbeitet, sei 2008 die Idee entstanden, ein Kunstevent für Kinder zu organisieren. Ein großes Netzwerk hat sie damals schon, zudem keine Scheu, um Geld oder ehrenamtliche Mitarbeit zu bitten. Deshalb wird diese erste Veranstaltung ein Erfolg. Rund 500 Kinder bemalen 1000 Leinwände, unterstützt von der Rheinbahn und von 150 Ehrenamtlern, unter ihnen viele Künstler. 5000 Euro kommen zusammen, zudem wird ein Weltrekord aufgestellt. Für die Düsseldorferin Grund genug, ihren Verein "Krass" zu gründen, der mit den Mitteln der Kunst Kindern und Jugendlichen helfen möchte, sich selbstbewusst zu entwickeln. Allein in Düsseldorf "verkunstet" der Verein, wie sie es ausdrückt, inzwischen rund 300 Kinder wöchentlich und ist längst zum Vollzeitberuf geworden. 2010 haben Seidensticker und Fountis geheiratet und anstelle von Geschenken um Geld gebeten. "Ich bekam mit der Hochzeit auf einen Schlag rund 300 griechische Verwandte", erzählt sie. So sei genügend Geld zusammengekommen, um die gemeinnützige Stiftung "Kultur für Kinder" zu gründen, die für die nachhaltige Förderung steht. Sie sei dankbar, etwas für andere tun zu können, und trotz ihres Handicaps sehr glücklich, sagt Seidensticker. Beate Werthschulte

(RP)
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