Mode Studenten designen Schaufenster für Kö-Boutique

Düsseldorf · Es sind Bilder zum Staunen und es lohnt sich, nicht eiligen Schrittes an ihnen vorbeizugehen. Denn selten sind Schaufenster so spektakulär in Szene gesetzt wie seit gestern die dekorierten gläsernen Kästen der Boutique Hermès an der Königsallee. "Window-Shopping" bekommt so gleich eine ganz andere Qualität.

 David Mackaay (l.) und Nina Nowak (r.) vor den von ihnen gestalteten Schaufenstern. Auch die Kunststudenten Lucia Setnikova und Christoph Westermeier haben ein Fenster für Hermès entworfen.

David Mackaay (l.) und Nina Nowak (r.) vor den von ihnen gestalteten Schaufenstern. Auch die Kunststudenten Lucia Setnikova und Christoph Westermeier haben ein Fenster für Hermès entworfen.

Foto: HANS-JÜRGEN Bauer

In der riesigen Muschel-Skulptur, die David Mackaay in einer rosafarbenen Kristallwelt auf drei Beinen stolzieren lässt, ist nicht nur Platz für eine einzige Perle, sondern gleich für ein ganzes kostbares Geschmeide. Wie viele Wanderkarten sie kunstvoll zu Kakteen, Palmen, Bäumen und Bergketten als Kulisse für ein Paar Schuhe gefaltet hat, weiß die Bildhauerin Nina Nowak, nicht mehr so genau.

Um die Unendlichkeit von Natur zu visualisieren, hat Lucia Sotnikova, Schülerin bei Professor Andreas Gursky, gleich einen ganzen unterirdischen Urwald in der Art eines Kaninchenbaus inszeniert und mittendrin hängt eine rote Tasche. Wie in einer unterirdischen Höhle lässt die Künstlerin aber auch Meerespflanzen sprießen, eine gläserne Gischt bildet weiße Fontänen und bizarre Felsen sind juwelenbesetzt. Christoph Westermeier nutzt den zum Objekt stilisierten Tintenfisch samt seiner Tentakel als Schauplatz für feinste Porzellanmalerei. Ein Fenster weiter springt ein Delfin mit einem Sattel aus edelstem Leder auf dem Rücken mühelos durch Zeit und Raum.

"Fensterkunst" nennen die Künstler der Kunstakademie ihre Arbeiten, die sie im Auftrag der Luxusmarke und passend zu deren Jahresthema "Die Natur im freien Galopp" als Schaufensterdeko für ausgesuchte Teile der aktuellen Kollektionen entworfen haben. In sechs Monaten sind die individuellen, ideenreichen Installationen entstanden, die gestern Abend bei einer Vernissage mit 150 geladenen Gästen gefeiert wurden.

Mit dabei waren natürlich die Kreativen und Rita McBride, Direktorin der Kunstakademie. Sie hatte spontan der Zusammenarbeit mit den Franzosen zugesagt. "Das Projekt führt das Talent junger Künstler und das Schaufenster als Bühne für Kreativität perfekt zusammen", betont McBride. "Die Anfrage für eine Zusammenarbeit mit dem Hause Hermès hat mein Kollege Richard Deacon ins Gespräch gebracht, der vorher Teil der Jury eines Kunstprojektes in Frankreich war. Gemeinsam haben wir vier talentierte Kunststudenten und Absolventen unserer Akademie ausgewählt. Es sind Künstler, die das Handwerk und Qualität lieben und die besonderen Anforderungen eines Schaufensters als Herausforderung sehen", sagt die Direktorin. Während früher die Künstler eher Distanz hielten zur als seicht verrufenen Modewelt, gibt es heute von Künstlerseite offenbar kaum mehr Berührungsängste.

"Schaufenster sind Botschafter", erklärt Firmensprecherin Katja Kleebach dazu. "Sie sind öffentlich und sprechen zu jedem, der vorbei kommt. Sie sollen den Fußgänger überraschen und seine Neugier wecken sowie Emotionen und die Fantasie anregen." Dabei ist die Kunst als Vehikel so ganz nebenbei auch gut fürs Image.

Und weil es langweilig ist, wenn in Shanghai, New York oder Düsseldorf alles gleich aussieht, sind die Fenster an der Kö nicht nur größer als die im Stammhaus auf der Rue du Faubourg Saint-Honoré, sondern nun auch prächtig wie Kunstwerke gestaltet. Dagmar Haas-Pilwat

(RP)
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