Altstadt Vinyl - ein Bund fürs ganze Leben

Altstadt · Seinem Geschäft "Hitsville" hat Ralf Brendgens selbst in harten Zeiten die Treue gehalten. Heute ist der Plattenladen der älteste in der Stadt.

 Früher war Ralf Brendgens im "Hitsville" Kunde, seit 22 Jahren ist er Eigentümer des inzwischen ältesten Plattenladens in der Stadt.

Früher war Ralf Brendgens im "Hitsville" Kunde, seit 22 Jahren ist er Eigentümer des inzwischen ältesten Plattenladens in der Stadt.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Ralf Brendgens spricht über seine erste Platte wie andere über ihre erste Begegnung mit der großen Liebe ihres Lebens. "Ich war elf und kaufte mir an der Derendorfer Straße für 26 DM die LP ,Live Killers' von Queen. Das weiß ich noch genau", sagt der 47-Jährige und lächelt. Es wird der Beginn einer treuen, aber auch turbulenten Langzeit-Beziehung. Tausende Platten sammelt er danach, darunter vor allem solche mit Punk-Rock-Musik, die er bei Jürgen Krause kauft, einem Mann, der in der Hochzeit der Düsseldorfer Punkszene Platten in Clubs wie dem Ratinger Hof auflegt. "Seit 1983 bin ich mit seinem Laden verbandelt", sagt Brendgens. Als Krause sein Geschäft 1994 verkaufen muss, überlegt Brendgens nicht lange: Nach einer abgebrochenen Ausbildung zum Karosseriebauer, einer abgeschlossenen zum Bürokaufmann und Zeiten, in denen er selbst in der Punk-Szene unterwegs war, wird aus dem Kunden der Eigentümer des "Hitsville".

Wenn Brendgens um 11 Uhr sein Geschäft öffnet, das einen regelrechten Kult-Status in der Stadt genießt, dauert es meist nicht lange, bis die ersten Kunden kommen. "Manche schauen gerne in der Mittagspause vorbei", sagt Brendgens. Doch es kommen nicht nur die, die wie Brendgens mit Platten aufgewachsen sind und das Gefühl lieben, eine Platte aus der Hülle zu ziehen, sie aufzulegen und umzudrehen, um die andere Seite zu hören: Auch Jugendliche schauen bei ihm an der Wallstraße neben einem Waschsalon, den man dort genauso wenig erwartet, vorbei, um zwischen gebrauchten und neuen Platten zu stöbern und sich von dem Musik-Experten beraten zu lassen. An diesem Montagmorgen fragt der Teenie in dem dunkelblauen Sweater allerdings nur nach "Nevermind" von Nirvana. "Die habe ich schon verkauft, als ich den Laden übernommen habe", sagt Brendgens und lächelt.

Auch nach den Beatles, Pink Floyd, den Stones, Sade oder Neil Diamond wird oft gefragt. Unter den 6000 gebrauchten und neuen Platten - Durchschnittspreis zehn Euro - hat der 47-Jährige aber vor allem solche, die man eben nicht unbedingt in der Musik-Abteilung eines großen Elektronik-Fachgeschäfts findet. Auf den Hüllen stehen Namen wie Orphan Egg, Vibravoid, Richard Thompson, Steve Earle, Isolation Berlin oder Mülheim Asozial. Es gibt viele Punk- und Elektronik-Platten, aber auch solche mit HipHop, Jazz und tibetischer Musik. Wenn die gewünschte Platte dennoch nicht da ist, sind Kunden schon mal etwas enttäuscht. Brendgens: "Man muss mit so einem kleinen Laden Geduld haben: Im Internet surft man in zehn Minuten durch 20 Geschäfte, sie kommen einem aber wie ein Laden vor."

Viele alte Plattengeschäfte wie "Flipside", der früher neben dem Hitsville war, haben die CD- und Streaming-Revolution nicht überlebt. Anfang der 90er hat auch Brendgens "harte Zeiten", doch er hält seinem Laden die Treue: Heute ist er der älteste Düsseldorfs.

Man brauche im Vinyl-Geschäft eben eine "gewisse Bescheidenheit": "Ich bin hier 65 Stunden die Woche, fahre nicht in Urlaub, kaufe kaum Klamotten." Am Ende eines Tages nimmt er sich aber Platten mit nach Hause und genießt den unverwechselbaren Vinyl-Klang wie andere ein gutes Buch oder einen edlen Wein.

(semi)
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