Benrath Frau Thiel und ihr Baum

Benrath · Seit 40 Jahren beleuchtet Ingrid Thiel zur Weihnachtszeit einen Baum in ihrem Garten am Schlosspark. Ein Besuch.

 Das ganze Viertel rund um die Meliesallee freut sich in der Weihnachtszeit an Ingrid Thiels beleuchtetem Tannenbaum.

Das ganze Viertel rund um die Meliesallee freut sich in der Weihnachtszeit an Ingrid Thiels beleuchtetem Tannenbaum.

Foto: Anne Orthen

Der kühle Dezemberwind greift sacht nach den Zweigen des Baumes, wiegt sie sanft auf und ab und lässt sie federnd tanzen. Mitunter sorgt die schräg einfallende Wintersonne zur Mittagszeit dann für ein lebhaftes Schattenspiel im Garten von Ingrid Thiel, die seit über 40 Jahren an der Meliesallee lebt. Frau Thiel liebt den geschmeidigen Tanz des Baumes, genießt den Anblick der sich tagsüber anmutig im Wind hebenden und senkenden Äste.

In den Abendstunden hingegen strahlt der Baum zu dieser Jahreszeit mit goldenem Licht weit in die Wegeachsen des nahegelegenen Schlossparks hinein. Und selbst auf der Benrather Schlossallee ist die festlich illuminierte, rund 40 Meter hohe Fichte mit ihrem ausladenden Geäst, kräftig und dennoch fein verzweigt, dann sichtbar. Ingrid Thiel ist bekannt für ihren Baum. "Manchmal werde ich sogar beim Einkaufen darauf angesprochen", erzählt die Pensionärin. Darauf, ob sie den Baum auch in diesem Jahr erneut beleuchten würde.

1975 bezog sie mit ihrer jungen Familie das Haus am Rande des Parks und kaufte im gleichen Jahr einen kleinen Weihnachtsbaum im Topf. "Der Baum kostete damals 12,50 Mark und war nicht einmal zwei Meter groß", erinnert sie sich. Liebevoll geschmückt begleitete er die Familie durch die Festtage und wurde schließlich im Frühjahr des Jahres 1976 in den eigenen Garten gepflanzt. Und weil es dort eine größere Weiß-Tanne gab, geriet der kleine Baum schnell in Vergessenheit.

Mit der Zeit etablierte sich bei Familie Thiel der Brauch, die große Weiß-Tanne im Garten zu schmücken, zu beleuchten, die Adventssonntage im Kreise der Familie, mit Freunden, Bekannten und vielen Nachbarn darunter zu feiern.

Und weil die Tanne eine beachtliche Größe besaß, half seit 1986 ein Freund mit einer mobilen Arbeitsbühne dabei, den Baum auch bis in den Wipfel beleuchten zu können. Bis der Baum schließlich um das Jahr 2000 herum - mehrfach im Hauptstamm gebrochen - entfernt werden musste.

Zwei Jahre lang verzichtete Frau Thiel daraufhin auf einen beleuchteten Baum im eigenen Garten, bis sie sich auf den einst gepflanzten Baum, die kleine Fichte im Topf, besann.

Mittlerweile über 40 Jahre alt und rund 40 Meter hoch, illuminiert die 76-Jährige nun den ehemaligen Weihnachtsbaum aus dem Jahr 1975 mit moderner LED-Technik. "Und natürlich hilft auch jetzt der Freund mit dem Hubsteiger dabei, den Baum zu schmücken", erzählt sie. "Bereits gegen Anfang November klingelt pünktlich mein Telefon", sagt Frau Thiel. Am anderen Ende der Leitung sei dann ihr Bekannter mit der Frage, ob sie schon auf den Kalender geschaut habe.

Viel Logistik sei dafür stets notwendig, den Baum mit den Lichterketten zu behängen, sagt die Benratherin. Ein Aufwand, den man dem Baum kaum ansieht. Wären da nicht die unzähligen kleinen Lichter, die den Baum Jahr für Jahr zu einem kleinen, weihnachtlichen Wahrzeichen des Stadtteils machen. Aus Dankbarkeit erhält Frau Thiel oft Karten und Briefe, mitunter auch Fotos, die Anwohner von ihrem Baum machen. "Viele treffen sich seit Jahren zur Weihnachtszeit an diesem Baum", sagt Ingrid Thiel. Ein kleines, verlässliches Ritual im Advent.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort