Benrath Seit 110 Jahren hat Benrath einen Markt

Benrath · Bereits 1893 wurde der Marktplatz eröffnet, bis zum ersten Wochenmarkt dauerte es aber zwölf Jahre. Im Laufe der Jahrzehnte gab es immer wieder Umgestaltungen. Gelungen ist bis heute keine. Jetzt engagiert sich eine Bürgerinitiative.

 1981 wurde der Marktplatz nach umfangreichen Umbauarbeiten wiedereröffnet. Im Mittelpunkt stand der Pilz. 2005 wurde entschieden, dass er weg kommt. Ein Jahr später war es dann so weit.

1981 wurde der Marktplatz nach umfangreichen Umbauarbeiten wiedereröffnet. Im Mittelpunkt stand der Pilz. 2005 wurde entschieden, dass er weg kommt. Ein Jahr später war es dann so weit.

Foto: Dieter Norbisrath

Es war der 16. Juli 1893, übrigens ein Sonntag. Um 16.45 Uhr begann das Festprogramm mit Konzert, Gesangsvorträgen und Feuerwehr- und Turnübungen, abends ab 20 Uhr gab's einen Ball im "Benrather Hofe". Mit einem großen Volksfest wurde die feierliche Einweihung des neuen Benrather Marktplatzes begangen. Die Schützenbruderschaft Cäcilia und weitere Benrather Vereine trugen zur Gestaltung dieses Tages bei. Ob bereits im 19. Jahrhundert über den Markt und seine Gestaltung gestritten wurde, ist nicht klar. Klar ist, dass seit Mitte der 1960er-Jahre eine Diskussion entbrannt ist.

 So sah der Benrather Marktplatz 1920 aus.

So sah der Benrather Marktplatz 1920 aus.

Foto: Heimatarchiv

Doch springen wir erst einmal in die Vergangenheit: Bis 1893 gab es in Benrath keinen Marktplatz. Der Wunsch nach einem solch zentral gelegenen Platz war in der Benrather Bevölkerung, die durch die Industrialisierungswellen bis 1900 stark zugenommen hatte, immer lauter geworden. So befand sich an der Stelle des heutigen Marktes der Gutshof der Familie Richartz.

Dieses Anwesen hatte die katholische Kirchengemeinde 1862 erworben und zu einem Klostergebäude umbauen lassen. Das stellte sie 1864 den in Benrath tätigen "Armen Dienstmägden Jesu Christi" zur Verfügung. 1892 zogen die Nonnen in das in jenem Jahr fertiggestellte Benrather Krankenhaus an der Hospitalstraße um. Der Zustand des Klostergebäudes hatte sich als so baufällig erwiesen, dass es für unbewohnbar galt und abgerissen werden musste.

 Mit dieser Anzeige warben die Benrather Schützen für das Eröffnungsfest des Marktplatzes am 16. Juli 1893.

Mit dieser Anzeige warben die Benrather Schützen für das Eröffnungsfest des Marktplatzes am 16. Juli 1893.

Foto: Norbisrath

In Heft 12 der Schriftenreihe "Benrath historisch" des Archivs der Heimatgemeinschaft Groß-Benrath heißt es in diesem Zusammenhang: "Am 24. Februar 1893 beschloß der Gemeinderat einstimmig, ... das sogenannte Klostergrundstück' zum Zwecke der Anlegung eines Marktplatzes und besonders in der Absicht, von diesem Grundstück aus - als dem tiefstgelegenen - die Entwässerung des Ortes vorzunehmen, anzukaufen."

Dies geschah aufgrund einer Petition aller Einwohner Benraths. Eile tat Not, denn das Grundstück sollte versteigert werden; die Zustimmung des Kreisausschusses lag noch nicht vor. Man wusste sich zu helfen. Acht Bürger Benraths ersteigerten das Grundstück für 10.050 Mark und verpflichteten sich, das Grundstück zum gleichen Preis an die Gemeinde weiterzugeben. Am 16. Juli 1893 ging der Wunsch der Benrather in Erfüllung. Allerdings erst zwölf Jahre später fand dann auch endlich der erste Wochenmarkt statt: immer mittwochs und samstags. "Der Rheinländer", der Vorläufer des "Benrather Tageblatts", berichtete darüber am 16. September 1905: "Der erste Schritt zur Einrichtung eines hiesigen Wochenmarktes ist heute Morgen getan worden. Es hatten sich verschiedene Verkäufer von Obst und Gemüse in aller Frühe eingefunden und ihre Waren ausgelegt. Auch die kauflustigen Hausfrauen stellten sich bald mit ihren Handkörben ein und es herrschte schon ein recht reger Verkehr. Allem Anscheine nach findet die Idee vielen Anklang."

 Anne Küchmeister-Schmitz (v.l.), Christa Grihl und Karin Fuchs gehören zu der Benrather Gruppe, die den meist sehr trostlos wirkenden Wochenmarkt gerne verschönert sehen würd

Anne Küchmeister-Schmitz (v.l.), Christa Grihl und Karin Fuchs gehören zu der Benrather Gruppe, die den meist sehr trostlos wirkenden Wochenmarkt gerne verschönert sehen würd

Foto: Günter von Ameln (vam)

In der Marktordnung vom 6. August 1907 hieß es: "Der Markt beginnt morgens um 7 Uhr und endet um 11 Uhr." Paragraf 7 der Marktordnung bestimmte: "Lebendes Geflügel darf nicht derart gefesselt zum Markt gebracht werden, dass die Tiere Qualen erleiden; insbesondere ist das Tragen an den Flügeln oder an den Beinen, so dass der Kopf nach unten hängt, als Tierquälerei untersagt." Interessant sind auch zwei weitere Paragrafen der Marktordnung. Nummer 16 lautete: "Das Ausrufen, laute marktschreierische Anpreisen und öffentliche Versteigern von Waren auf den Märkten ist verboten." Paragraf 18 schrieb vor: "Die Marktbesucher haben sich so zu verhalten, dass der Anstand nicht verletzt und die öffentliche Ruhe und Ordnung nicht gestört wird. Müßiges, zweckloses Umherstehen, wodurch der freie Verkehr beengt und bei entstandener Unruhe der Zusammenlauf vergrößert wird, ist verboten."

Ein Nachtrag zu dieser Marktordnung vom 17. Juli 1908 bestimmte: "Es wird zur allgemeinen Kenntnis gebracht, dass der Wochenmarkt in Benrath nunmehr wie folgt beginnt und endigt: vom 1. April bis 30. September um 7 Uhr morgens, vom 1. Oktober bis 31. März um 8 Uhr morgens, er endet das ganze Jahr hindurch um 1 Uhr nachmittags."

In den folgenden Jahren diente der Markt nicht nur den Bauern und Händlern. So fand hier auch jahrelang die Benrather Kirmes statt. Die Nazis nutzten ihn später auch für ihre Parteiveranstaltungen, zum Beispiel für das so genannte Eintopfessen. Wie der Wochenmarkt direkt nach dem Zweiten Weltkrieg lief, ist nicht überliefert. Sätestens im Jahr 1965 war die Stadtteilpolitik zu der Überzeugung gekommen, dass das Benrather Zentrum mitsamt seinem Herzstück, dem Marktplatz, neu geordnet werden muss.

Bis es aber so weit war, gingen 16 Jahre ins Land: 1981 wurde der Boden gepflastert, Bänke wurden aufgestellt, der Brunnen und der pilzförmige Schirm kamen dazu. Der wurde vom Architekten Helmut Rhode entworfen und war bis zu seinem Abbau im Jahr 2006 ein beliebtes Streitobjekt. So beschloss man, den aus Statikgründen etwas zu groß geratenen Unterstand wieder zu entfernen.

Bereits kurz nach der Fertigstellung des neuen Marktplatzes im Sommer 2007 - der Umbau kostete rund 340.000 Euro - wurde Kritik laut, unter anderem von der Vorsitzenden der Aktionsgemeinschaft Benrath, Renate Rönnau: "Das, was sich dort auf dem Marktplatz präsentiert, empfinde ich als trauriger, als das Bild, das sich vor der Sanierung geboten hat", sagte sie im RP-Interview: Und fügte etwas hinzu, was sie auch aktuell hätte sagen können: "Die Stände sollten ein einheitliches Aussehen bekommen. Doch das wurde im Vorfeld von den Marktbeschickern aus Kostengründen abgelehnt." Der Markt, so Rönnau, biete "ein trauriges Bild." Im August 2007 titelte unsere Zeitung nach einer Mobilen Redaktion: "Neuer Markt ohne Charme".

An dem erneuten Versuch, den Markt zu attraktivieren, beißen sich inzwischen auch Bezirksbürgermeister Karl-Heinz Graf mit den Mitgliedern der heutigen Bezirksvertretung die Zähne aus. Mehrfach hatte es in den vergangenen Monaten Gespräche mit dem Marktamt gegeben. Was daraus folgte, war das Umstellen des ein oder anderen Marktbeschickers.

Nun haben sich mehrere Benrather um Karin Fuchs und Marianne Peus eingemischt und einen Vorschlag zur Umgestaltung eingereicht. Sie wünschen sich für den Marktplatz mehr Aufenthaltsqualität. Eine Attraktivierung könne man ja dann mit einem Bürgerfest feiern: zum 111. Geburtstag des Benrather Marktplatzes, regten sie jetzt an. Dabei müssen ja nicht gerade Turnübungen gezeigt werden.

(RP)
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