Düsseldorf-Bilk Gedenkfeier für verstorbenen Chef des Abraxas

Bilk · Mitte Mai nahm sich Gert Thiele das Leben. Das Musikerduo Kowalsky, das dem Wirt sehr nahe stand, plant nun eine Abschiedsfeier. Es war der letzte Wunsch des Wirtes.

 Andreas Niggemeier und Mike Gromberg (v.l.) waren enge Freunde von Abraxas-Chef Gert Thiele.

Andreas Niggemeier und Mike Gromberg (v.l.) waren enge Freunde von Abraxas-Chef Gert Thiele.

Foto: Andreas Bretz

Irgendwie hatte es sich angedeutet, irgendwie war da dieses Gefühl, dass etwas passieren könnte, ohne wirklich zu wissen, was. "Rückwirkend hätten wir es merken müssen", sagt Mike Gromberg, der nicht wütend ist auf seinen Freund, sondern traurig, weil er ihn verloren hat. Sein Freund, das war Gert Thiele, der Inhaber der Bilker Kneipe Abraxas an der Merowinger Straße In der Nacht vom 14. auf den 15. Mai ist es gewesen, als Thiele sich im Abraxas das Leben nahm. Seine Lebensgefährtin war bei ihm, sie überlebte den Suizidversuch. "Sie ist in Behandlung, abgeschottet, in einer Klinik", sagt Gromberg.

Zusammengearbeitet haben Mike Gromberg und Thiele viele Male. Gromberg gehört zum Musikerduo Kowalsky, das oft aufgetreten ist im Abraxas. "Kurz vor seinem Tod hat er persönliche Sachen verschenkt", sagt Gromberg, dessen Musikkollege Andreas Niggemeier hat einen großen Feuerdrachen bekommen, der in der Ecke der Kneipe hing. ",Für deinen Sohn', sagte er damals zu Andreas", erinnert sich Gromberg. Es hing viel so merkwürdiger Schnickschnack im Abraxas, das für Außenstehende sicher auch etwas unheimlich gewirkt haben muss.

Gert Thiele hätte das Abraxas Ende Mai schließen müssen, der Pachtvertrag ist nicht verlängert worden. Niggemeier und Gromberg haben nach eigenen Angaben von einem Abschiedsbrief erfahren, den der Kneipier geschrieben haben soll. Eine Abschiedsfeier sei sein letzter Wunsch gewesen. Diesen Wunsch wollen die Musiker ihrem Freund nun auch erfüllen.

Sie wären gern noch ein letztes Mal ins Abraxas gegangen, um sich gebührend zu verabschieden von Gert Thiele, von der Kneipe, von einem Stück Geschichte. "Aber ins Abraxas dürfen wir nicht rein", sagt Gromberg. "Aus Sicherheitsgründen." Außerdem sei das Lokal schon anderweitig weitervermietet, "eine schicke Lounge ist dort geplant", sagt Gromberg.

Das Abraxas war vor allem für seinen ausgezeichneten Whisky bekannt. Der "Whisky Guide", sozusagen die Bibel unter den Liebhabern der destillierten Spirituose, führt genau zwei Düsseldorfer Läden unter den Top 50 in Deutschland auf: zum einen die Capella Bar im Breidenbacher Hof, zum anderen eben das Abraxas. Seit der Erstveröffentlichung 2008 tauchte der Laden stets unter den besten 50 Whisky-Bars in Deutschland auf. Bis zu 120 verschiedene Flaschen waren für die Gäste immer im Anbruch.

Thiele und seine Lebensgefährtin Angie Wanke, die in mühevoller Detailarbeit die Whiskykarte angefertigt hatte, lebten in einer Wohnung über dem Abraxas. "Da ist es für uns nicht so weit", haben beide immer gesagt. Das Abraxas war mehr als nur ein Arbeitsort für sie, es war ihr Leben. 363 Tage im Jahr hatten sie geöffnet, nur am 1. Weihnachtsfeiertag und an Silvester war geschlossen.

Mehr als 30 Jahre hatte Gert Thiele das Abraxas, gezahlt wurde hier immer nur in bar. Im Vorjahr äußerte der Chef sich optimistisch, dass noch ein paar weitere Jährchen dazukommen würden. Die Musik kam immer nur von der guten alten Kassette, die Wände waren ziemlich nikotinverfärbt, wenn kein Ungemach drohte, haben beide nach Herzenslust in ihrem Laden gequalmt. Zweimal hatten sie renoviert, einmal waren die Wände nachher so weiß, da musste mit Gelb nachgebessert werden. Dann war es wieder schön düster im Abraxas. So wie das Paar es liebte.

(RP)
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