Flingern Die gescheiterte Heldin

Flingern · Nach der Schließung des "Bücherhelden" an der Birkenstraße will Christiane Hamann keinen neuen Buchladen mehr eröffnen. Trotz des geschäftlichen Misserfolges werden die Bücher sie aber wohl niemals loslassen.

 "Danke" und "Auf Wiedersehen" heißt es an der Tür des "Bücherhelden" von Christiane Hamann. Ob man sie in Zukunft in einem anderen Buchladen wiedersehen wird, ist ungewiss.

"Danke" und "Auf Wiedersehen" heißt es an der Tür des "Bücherhelden" von Christiane Hamann. Ob man sie in Zukunft in einem anderen Buchladen wiedersehen wird, ist ungewiss.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Vor knapp drei Jahren sagte sich Christiane Hamann: Jetzt machst du es selbst. Nach 25 Jahren Arbeit als Angestellte wollte sie mit ihrem Kinderbuchladen "Bücherhelden" an der Birkenstraße vieles anders machen. Die Kunden persönlich kennenlernen, kleine Verlage unterstützen und qualitativ hochwertige Kinderbücher auf einem noch ungesättigten Markt verkaufen. Eine Idee, die genau ein Jahr funktionierte, ehe ihr die Kunden wegblieben. Den Grund dafür sieht Hamann im Umbau der Straße, aber auch im Lebensgefühl der Stadtteilbewohner.

"Ich hatte mich für die Birkenstraße entschieden, weil sie belebt war, facettenreich und viele Familien hier wohnen", sagt Hamann. Direkt gegenüber habe sie vor der Gründung ihrer eigenen Buchhandlung im mittlerweile ebenfalls geschlossenen "Der Kinderbuchladen" gearbeitet. Seither habe sich die Straße verändert. Eine Renovierung, das Halteverbot auf der Straße und breitere Gehwege sollten vor drei Jahren eine bessere Trennung von Verkehr und Fußgängern bewirken - in den Augen von Hamann ein Fehler. Die Kurzparker in der "zweiten Reihe" hätten den Verkehr gebremst, jetzt sei die Birkenstraße eine "Rennstrecke" und in den Köpfen vieler nur die Durchgangsstraße zur Autobahn. Die ehemaligen Parkplätze am Straßenrand sind zu Halteplätzen für maximal eine Stunde geworden - zu wenig für Anwohner, viele sind in der Woche leer. "Das schafft keine gute Stimmung", sagt Hamann. Und die Stimmung sei es gewesen, die sie erst dazu bewog, dort ihr Geschäft zu eröffnen.

"Als die Leute erfahren haben, dass ich schließe, waren sie erstaunt, einige sogar entsetzt", erzählt Hamann. Viele Stammkunden habe sie gehabt, die in der Nähe wohnen und oft vorbeikamen. Kinder hätten ihre Eltern in den Laden gezogen und sich ohne ein neues Buch nicht verabschiedet. Andere hätten ihr Geschäft gekannt und geschätzt, es aber nie besucht. "Das Flinger Publikum mag diese schönen kleinen Läden, kauft hier aber nicht ein", sagt Hamann. Schon oft habe Sie Beileidsbekundungen wie "Da wäre ich gern öfter reingegangen" gehört. Ein guter Wille, der dem Geschäft jetzt nichts mehr nutzt. Das beste Jahr für Hamann sei 2014 gewesen, seinen Tiefpunkt habe das "Bücherhelden" Anfang diesen Jahres erlebt. Ostern und Schulstart brachten nicht den erhofften Kundenzulauf, Anfang April verkündete Hamann dann auf ihrer Ladentür: "Nachmieter gesucht".

"Ich gebe ganz auf", sagt Hamann. Durch die ungleich stärkere Konkurrenz von Amazon und anderer Online-Buchhändler müsse nicht nur sie über neue Wege nachdenken. "Man muss überlegen, ob es sich überhaupt noch lohnt, kleine Buchläden zu gründen." Den Grund für den Erfolg der schon länger bestehenden Geschäfte wie dem Stern-Verlag in der Friedrichstraße sieht sie im Zeitvorteil. "Die haben sich gegründet, als es diese Probleme noch nicht gab."

Bereut hat sie ihren Abstecher in die Selbstständigkeit nicht. "Persönlich war es für mich eine reiche Zeit", sagt Hamann. Zudem hätte die potenzielle Kundschaft ihr Angebot bisweilen auch sehr gut angenommen. Was nun mit den Büchern passieren soll, von denen noch immer viele in den Regalen stehen, weiß sie nicht: "Viele Verlage nehmen die zurück, der Rest steht noch in den Sternen." Bis Ende des Monats will sie den Laden räumen, einen zweiten Versuch will sie nicht wagen. So ganz sicher ist Hamann sich da allerdings nicht: "Wer einmal im Buchhandel ist, kommt davon nicht mehr los." Auch, wenn sie noch nicht sagen kann, wohin es sie beruflich verschlagen wird, weiß Hamann eines ganz sicher: "Online will ich nicht."

(bur)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort