Flingern Ein Verein für viele Nationen

Flingern · Seit zehn Jahren gibt es Binational. Die Geschichte des Vereins aber ist viel länger und beginnt im Jahr 1972.

45 Jahre ist es her, als Terroristen die israelische Mannschaft bei den Olympischen Sommerspielen in München überfielen. Für elf Israelis, einen Polizisten und fünf Geiselnehmer endete die gescheiterte Befreiungsaktion mit dem Tod. "Für viele deutsch-palästinensische Familien hatte dieses Attentat Folgen", sagt Ursula Jimenez, "zum Beispiel ungerechtfertigte Ausweisungen von Palästinensern". Drei betroffene deutsche Frauen gründeten daraufhin die Interessengemeinschaft der mit Ausländern verheirateten Frauen, kurz IAF, denen sich Jimenez mit einer Ortsgruppe in Düsseldorf anschloss. Schnell hatte der Verein, der damals noch an der Talstraße beheimatet war, Mitglieder. Bald kamen eigene Ideen, man wollte das Konzept erweitern. "Vor zehn Jahren schließlich sind wir eigenständig geworden, haben seitdem einen eigenen Namen", sagt Jimenez, die sich jeher als Ehrenamtlerin einsetzt und ausschließlich von Ehrenamtlern unterstützt wird, so wie von Ursula Wadle und Gereon Denecke.

In "Binational" wurde der Verein umbenannt, der Umzug an die Bruchstraße folgte, in einen Hinterhof, wo es Platz gibt für Kinder zum Spielen, Platz für Feste und Aktionen. Menschen aus 49 Nationen sind mit dem Verein verbunden - ob als Mitglied, Spender oder ab und an als Gast. "Eine Frau kommt sogar aus Madagaskar", erzählt Jimenez. Und längst gehören nicht mehr nur Menschen mit Migrationsgeschichte zu Binational, Gabi Waldorf zum Beispiel ist vor einem Jahr dazugestoßen. Sie ist blind, auf Hilfe angewiesen. Die hat sie bekommen bei Binational, "ein Anruf reicht, und ich werde von Zuhause abgeholt", sagt Waldorf. Zum Beispiel für das Montagsfrühstück, das seit 30 Jahren organisiert wird "und das noch nie ausgefallen ist", versichert Jimenez. Fällt es auf einen Feiertag wie jetzt an Weihnachten, wird es kurzerhand auf den Dienstag verlegt. "Oder wir fangen später an und organisieren dann ein Büffet", sagt Ursula Jimenez.

Als Bindeglied zwischen Gesellschaft und Familien mit Migrationshintergrund sieht sich der Verein, Jimenez und ihre Mitstreiter sind Ansprechpartner in Problemsituationen wie Kindesentführung, Zwangsheirat- oder -scheidung. Sie begleiten Hilfesuchende zu Ämtern, organisieren Ausstellungen für die Malgruppe, die sich einmal in der Woche an der Bruchstraße trifft, ein Chor ist gegründet worden, der inzwischen sogar gebucht werden kann.

Angst hat Ursula Jimenez all die Jahre immer mal wieder gehabt, oft sind die Geschichten der Menschen - vor allem Frauen - die zu ihr gekommen sind, grausam gewesen. Aber aufgegeben hat sie nie. Und inzwischen findet sie immer öfter Gehör bei der Politik, bei Behörden, bei Unterstützern.

(nika)
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