Flingern Indianer auf dem Kriegspfad

Flingern · Die Yellowstone-Indianer sollen ihr Gelände am Flinger Broich verlassen. Zumindest, wenn es nach dem Verpächter, dem Eisenbahner-Sportverein Blau-Weiß, geht. Doch sie wollen nicht gehen.

 Indianer kämpfen um ihr Reservat am Flinger Broich. (v.l.): Sebastian Rzepka, Albert Kronenberg, Petra Greger und Häuptling Heinrich Oehm.

Indianer kämpfen um ihr Reservat am Flinger Broich. (v.l.): Sebastian Rzepka, Albert Kronenberg, Petra Greger und Häuptling Heinrich Oehm.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Heinrich Oehm sagt, dass er seit 20 Jahren ein Sioux ist. Und das sagt er, ohne die Miene zu verziehen. Der Mann meint es ernst, so viel ist klar. Oehm ist, wenn man so will, der Häuptling der Yellowstone-Indianer, einem Verein, der sich der indianischen Lebensweise verschrieben und sich in den vergangenen viereinhalb Jahren am Flinger Broich ein Reservat eingerichtet hat.

Mit Volieren und Western-Kulissen, mit Bäumen und gemähtem Rasen, mit einer Bahn zum Pfeileschießen. Und vor allem: Räume gibt es hier für jede Art von Veranstaltung. Oehm erzählt gerne von den Kindern der umliegenden Kitas, denen er und sein Stamm einen schönen Morgen bereiten. Er lässt sie Goldwaschen, zeigt ihnen die Tiere, macht Musik oder erzählt einfach vom Leben der nordamerikanischen Ureinwohner. Tausende Kinder waren hier, Behinderte und Senioren, für die es auf dem Gelände einen Bereich voller alter Sachen gibt. Trödel letztlich, aber "gerade für demente Menschen sind das Dinge, die sie an früher erinnern", sagt Oehm.

Er hat einen Brief der SPD-Landtagsabgeordneten Marion Warden, die sich irgendwann selbst von der guten Sache überzeugt hat. Letztlich bekundet sie ihre Sympathie für die Indianer. Umso unsinniger scheint es, dass sie das Gelände verlassen sollen, zumindest, wenn es nach dem Verpächter, dem Eisenbahner-Sportverein Blau-Weiß geht. Der Sportverein klagt, entschieden wird wohl Ende Mai, und der Grund ist schlicht, dass die Indianer seit zwei Jahren ihre Pacht nicht bezahlt haben, wie die Vorsitzende des Vereins, Sabine Willems, sagt. Oehm sagt, er habe die Miete gekürzt, weil die baulichen Anlagen auf dem Gelände in einem beklagenswerten Zustand seien, und den Rest des Geldes habe er hinterlegt. Hat er nicht, sagt Frau Willems, außerdem habe er um den Zustand der Anlage gewusst, als er sie gemietet hat. "Hab ich nicht", sagt Oehm, der sehr viele unschöne Dinge über den Sportverein und dessen Vorstand zu erzählen weiß. Auch Frau Willems weiß einiges nicht minder Unschönes.

Es geht wechselseitig um heftige Vorwürfe: Von Nazi-Schmierereien, Vergewaltigung, den Staatsschutz, Prostitution, Unterschlagung, Nötigung, Betrug, Rockerbanden sowie Vorteilsnahme im Amt durch Angestellte der Stadt ist die Rede. Man findet auf beiden Seiten Menschen, die anonym das ein oder andere bestätigen wie auch dementieren.

Oehm war auch Mitglied im Eisenbahner-Sportverein, stellvertretender Leiter der Schießabteilung, doch weil er angeblich dem Verein geschadet habe, ist er laut Sabine Willems ausgeschlossen worden. Oehm klagt gegen diesen Ausschluss, er hat eine andere Rechtsauffassung.

Die Bahn, der das gesamte Gelände gehört, habe den Indianern einen Mietvertrag angeboten, sagt Willems, der aber ausgeschlagen wurde. Stimmt nicht, sagt Oehm, er wolle das Gelände kaufen, samt Sportplatz, auf dem die Fußballabteilung gleich neben dem Reservat trainiert, er sei in Verhandlungen. Das Gelände der Indianer war früher ein Teil des Sportplatzes. Warum der Verein die Indianer hier weghaben will, weiß Oehm nicht. Willems sagt, der Vorstand sei den Vereinsmitgliedern verpflichtet, die Indianer sollen Miete zahlen. Die sei eh zu niedrig. Dass der Streit noch friedlich beigelegt wird, ist eher unwahrscheinlich. Zuviel ist gesagt worden, von beiden Seiten, die Indianer werden wohl auf dem Kriegspfad bleiben, zumindest bis das Landgericht entscheidet. Wenn nicht ein Wunder geschieht.

(RP)
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