Flingern Wo Kinder zu Künstlern werden

Flingern · Das Kinderspielhaus an der Dorotheenstraße ist seit mehr als 35 Jahren eine wichtige Anlaufstelle für junge Menschen aus dem Stadtteil Flingern. Für sie gibt es Kunst- und Kulturangebote, aber auch Hausaufgabenbetreuung.

 Frank Wagner ist einer der Gründer der Einrichtung, die viele Kinder aus dem Stadtteil gerne nutzen.

Frank Wagner ist einer der Gründer der Einrichtung, die viele Kinder aus dem Stadtteil gerne nutzen.

Foto: Schaller

Hausaufgabenbetreuung, Spiel und Sport - auf den ersten Blick bietet das Kinderspielhaus an der Dorotheenstraße 39 alles, was man von einer städtischen Kinderfreizeiteinrichtung erwartet. Doch das ist nur der Anfang einer endlosen Palette von Möglichkeiten, die das Freizeitzentrum für die täglich 80 bis 100 jungen Besucher im Alter von sechs bis 14 Jahren bereithält. Einzigartig: Vor allem der kultur- und kunstpädagogische Ansatz, durch den die Einrichtung auch überregionale Bekanntheit erlangt hat. Zu verdanken ist das Joachim Wagner, selbst Künstler, der das Kinderspielhaus 1979 mitgründete und es bis heute leitet. Regelmäßig stellen Künstler hier ihre Werke aus, darunter Stars der Szene wie Günther Uecker und Verhüllungs-Künstler Christo.

Doch Kunst ist dort alles andere als ein statisches Objekt an der Wand. In den Kunsträumen erarbeiten die Kinder selbst Werke zu aktuellen Ausstellungen und beteiligen sich auch an stadtweiten Kunst- und Kulturprojekten - manchmal werden dabei kurzerhand die eigenen vier Wände im Kinderspielhaus zum Kunstobjekt. Denn Kultur und Kunst sollen in den Alltag einbezogen und als selbstverständlich erlebt werden. Wichtig ist Joachim Wagner vor allem, dass so auch Kinder Zugang zu Kunst erhalten, die diese Möglichkeit sonst nicht hätten. Doch das Kinderspielhaus versteht sich nicht als exklusives Angebot - weder in die eine, noch in die andere Richtung. "Die Kinder, die zu uns kommen, spiegeln den Stadtteil wider", so Wagner. Nach Eröffnung Ende der 1970er Jahre waren das vor allem marokkanische Kinder, mittlerweile hat sich der Stadtteil gewandelt. "Auch aus Flingern-Nord kommen heute viele Kinder zu uns. Gleichzeitig aber ebenfalls die aus schwierigeren Verhältnissen und Flüchtlinge. Wir sind genauso für Flingern-Süd zuständig und fühlen uns sowohl mit dem alten, als auch mit dem "neuen" Flingern verbunden", betont Wagner.

Einen Tag ohne ihr Kinderspielhaus - das können sich auch die Kinder aus Flingern nicht vorstellen. Die achtjährige Fiene kommt jeden Tag mit ihren Freundinnen zum Spielen - ihre Lieblingsbeschäftigung: "Jungs ärgern!". Alternativ steht das Kochen bei den anderen Mädchen hoch im Kurs. Produkte dafür werden im 500 Quadratmeter großen Garten angebaut und geerntet. Das kommt auch bei den Jungs gut an - nur noch übertroffen von Werken und Fußball. Und genau das ist das Besondere am Kinderspielhaus: Einfache Dinge wie Fußball und Basketball, Malen und Töpfern im eigenen Töpferraum haben dort genauso ihren Platz wie das Drehen und Schneiden von Filmen oder die Mitarbeit an großen Kunstausstellungen.

Das wissen nicht nur die Kinder zu schätzen: Viel Unterstützung erhält das Kinderspielhaus von Firmen und Politik, wird oft gelobt und prämiert. Über eine Auszeichnung freut sich Joachim Wagner dabei besonders: Thomas Baumgärtel, auch bekannt als "Bananensprayer", ehrt mit seiner gesprayten Banane weltweit Galerien und Kunststätten. Die Banane ist mittlerweile zum Kultobjekt geworden und heiß begehrt - und prangt seit einiger Zeit auch auf der Fassade des Kinderspielhauses an der Dorotheenstraße.

(RP)
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