Friedrichstadt Die Angst der Friedrichstädter vor dem RRX

Friedrichstadt · Rund 60 Bürger kamen zur Mobilen Redaktion am Fürstenplatz, um ihren Sorgen Luft zu machen und Fragen zu stellen.

 Bodo Surborg (links) und Klaus-Dieter Schröder erläutern RP-Mitarbeiterin Julia Brabeck, warum sie die Prüfung von Alternativen fordern.

Bodo Surborg (links) und Klaus-Dieter Schröder erläutern RP-Mitarbeiterin Julia Brabeck, warum sie die Prüfung von Alternativen fordern.

Foto: H.-J. Bauer

Aufgeheizt war die Stimmung bei der Mobilen Redaktion am Fürstenplatz zum Thema Rhein-Ruhr-Express (RRX). Viele Anwohner kamen am Samstag, um ihre Vorbehalte auszudrücken. Sie hatten Fragen, weil sie sich nicht ausreichend informiert fühlen von der Deutschen Bahn, die eine Schnell-Verbindung plant zwischen Kölner und Dortmunder Hauptbahnhof. Eine Lärmschutzwand soll entlang der Gustav-Poensgen-Straße entstehen, gut fünf Meter hoch auf der bereits fünf Meter hohen dort stehenden Mauer. Dafür könnten mehr als 80 Bäume gefällt werden. "Das ist alles sehr undurchsichtig", sagte Kim-Gerrit Arndt, Anwohner und Mitglied der Bürgerinitiative RRX, die sich seit der Offenlegung der Planfeststellungsunterlagen zum RRX-Abschnitt Wehrhahn-Reisholz formiert hat.

 Intensiv wurde bei der Mobilen Redaktion der Rheinischen Post zum Thema RRX diskutiert, die von Redaktionsleiter Uwe-Jens Ruhnau (3.v.r.) moderiert wurde.

Intensiv wurde bei der Mobilen Redaktion der Rheinischen Post zum Thema RRX diskutiert, die von Redaktionsleiter Uwe-Jens Ruhnau (3.v.r.) moderiert wurde.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Die Faktenlage: 29 Ordner umfasst die Genehmigungsplanung. Man ist jetzt auf dem Weg zum Planfeststellungsbeschluss. Bürger und auch die Stadt Düsseldorf sind Betroffene, das Vorhaben genehmigen wird das Eisenbahnbundesamt. Erst in rund acht Jahren wird gebaut. Gleiserweiterungen und Lärmschutzwände sind in den Plänen eingezeichnet. Wie die Wände beschaffen sein werden, ist offen. Ebenso, wo die Stützen stehen - davon hängt ab, wie viele Bäume fallen sollen. Lärm-Grenzwerte müssen eingehalten werden. Das macht im Fall Friedrichstadt die hohe Mauer-Variante wahrscheinlich.

Seit eineinhalb Jahren führt Klaus Lorenz, Bauassessor und bei der Stadt zuständig für den RRX, Gespräche mit der Bahn. Dass so viele Bäume gefällt werden könnten entlang der Strecke, führte er auf einen einfachen Grund zurück: "Die Bahn will sich juristisch nicht angreifbar machen. Der ,worst case' (der schlimmste Fall) für die Bäume ist derzeit im Plan eingezeichnet." Was aber keinen Freibrief für die Bahn bedeute, ergänzte Michael Kolle, Projektleiter RRX. Das Eisenbahnbundesamt werde die Bedenken von Bürgern und Stadt berücksichtigen. "Egal, was Sie sagen, das ist alles Blödsinn und Augenwischerei", rief ein Mann aus der Menge. "Wir lassen uns nicht für doof verkaufen", sagte eine Frau. Lorenz versuchte zu beschwichtigen. Die Stadt versuche jeden Baum zu erhalten, womöglich könne die Wand größtenteils oben auf dem Bahngelände selbst aufgebaut werden.

Leicht hatten es Lorenz und Kolle nicht, die Friedrichstädter zu überzeugen. Dass der RRX eine Entlastung für den Straßenverkehr bedeutet, das wussten die meisten. Volker Koopmans fährt selber täglich mit der Bahn nach Essen, "und wir werden vom RRX profitieren, aber dennoch geht es nicht, dass dieses an sich sinnvolle Projekt zu Lasten der Wohn- und Lebensqualität anderer geht". Eine stadtplanerische Lösung muss aus seiner Sicht gefunden werden, die auch Jahrzehnte bestand hat. "Ich erwarte eigentlich, dass die Mitglieder der Bezirksvertretung geschlossen und stärker für unsere Interessen eintreten", sagte Koopmans.

"Es gibt Alternativen", war Susanne Schriddels-Weiß überzeugt. Natürlich will sie Lärmschutz, aber keine mehr als zehn Meter hohe Wand. Die Straße ohne Bäume vor ihrem Fenster kann sie sich nicht vorstellen. "Bäume sind extrem wichtig in der Stadt und filtern unsere Luft. Scheinbar haben die Planer aber nicht im Biounterricht aufgepasst", sagte Elke Fabian. Sie schlug eine Lärmschutzwand vor, die aus Pflanzen besteht.

Klaus-Dieter Schröder hat schon an zwei Bürgerinformationen teilgenommen, zu der Stadt und Bahn eingeladen hatten. Bislang aber sei nichts an den Planungen verändert worden. "Die Bahn hält starr an ihrem Konzept fest. Alternativen werden nicht geprüft und nur die preiswerteste Lösung erwägt", sagte Schröder. Susanne Böcker war bei den gleichen Veranstaltungen und ergänzt: "Die arbeiten mit Textbausteinen. Bürgerdialoge gibt es nicht, damit kein Widerstand aufkommt." Außerdem kann sie wie Anna Schwickerath nicht verstehen, dass ein Stück vom Volksgarten weggenommen wird, damit neue Gleise gebaut werden können. "Der Park wird nun kleiner und lauter. Das ist eine ganz schräge Angelegenheit", fand Schwickerath.

Viele Anwohner hätte sich vor allem deutlich mehr und bessere Visualisierungen gewünscht von der Bahn. Die soll es jetzt geben, "jeder kann bald die Sicht von seiner Wohnung aus überprüfen", sagte Kolle.

Ronald Lehmann spielt inzwischen mit dem Gedanken, sich eine neue Wohnung zu suchen, sollten die Pläne tatsächlich so umgesetzt werden. In der dritten Etage lebt er an der Gustav-Poensgen-Straße. "Keiner will auf diese Wand gucken", sagte er. Oft genug habe er den Verantwortlichen angeboten, in seine Wohnung zu kommen, sich ein Bild vom Ausblick zu machen. "Gemacht hat es aber niemand." Er vergleicht die Wand mit der Schallschutzmauer entlang der A40, die durch Essen verläuft. "Das will niemand", sagte Lehmann. Eine klare politische Prämisse vermisst er, "und wir werden alles tun, damit die Bäume erhalten bleiben. Auch wenn das juristische Konsequenzen hat."

Es gab aber auch Lob für die Teilnahme von Stadt und Bahn an der Veranstaltung der Rheinischen Post. Ute Einhoff lebt selbst in Pempelfort, war aber zur Mobilen Redaktion nach Friedrichstadt gekommen. Sie versteht die Sorgen der Anwohner, wenngleich sie sich auf den RRX freut, weil der Weg nach Duisburg damit für sie viel schneller würde. "Dass die Bahn hier mit den Anwohnern diskutiert, finde ich sehr positiv und konstruktiv."

Ab September will Lorenz die konkreteren Pläne im Rat und in den Bezirksvertretungen vorstellen. "Die Stadt Düsseldorf ist nur Zuschauer", erklärt Norbert Czerwinski das Problem. Der Ratsherr und Fraktionssprecher der Grünen versichert, dass es im Stadtrat für eine insgesamt mehr als zehn Meter hohe Mauer, für die viele Bäume fallen müssten, keine Mehrheit geben würde. "Lieber wäre mir, wenn der Antrag gar nicht erst so eingereicht wird." Für lichttransparente Mauern an sensiblen Standorten wirbt Czerwinski, "und das sollte schon im Antrag festgehalten werden, nicht erst im Beschluss".

(RP)
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