Friedrichstadt Ein pflichtbewusster Idealist

Friedrichstadt · Carsten König hat viele Ämter, aber nur eine Berufung. Er ist mit Leib und Seele Arzt. Gestern bekam er das Bundesverdienstkreuz.

 Kein Typ für einen weißen Kittel: Carsten König ist unter anderem Vorsitzender des Vereins "Medizinische Hilfe für Wohnungslose".

Kein Typ für einen weißen Kittel: Carsten König ist unter anderem Vorsitzender des Vereins "Medizinische Hilfe für Wohnungslose".

Foto: Andreas Endermann

Die zweite Reihe ist nicht so sein Platz. Wenn er sich denn für irgendetwas engagiert, dann will Carsten König auch etwas bewegen. Eigentlich, sagt er, ist er eher der zurückhaltende Typ. "Aber das glaubt ja jetzt keiner."

Wahrscheinlich wird er deshalb immer ganz nach vorn gewählt, weil andere erkennen, dass er ist, wie er ist: entschlossen und bereit, sich mit ganzem Herzen einzusetzen. Schon in der Schule war das so. Da war er natürlich Klassensprecher.

Seine Eltern hatten König als Kind auf ärztlichen Rat zur DEG gebracht. Eiskunstlauf als Haltungstherapie hat ihn weit nach vorn gebracht, als Teenie war er deutscher Jugendmeister. Aber auch mit allen Verletzungen, die dieser Leistungssport so mit sich bringt. Die Bundeswehr stellte ihn deshalb nach dem Abitur zurück und gab dem Wehrpflichtigen König somit Zeit, erst einmal Medizin zu studieren.

Nach dem Abschluss den Wehrdienst zu verweigern, wie das in seinem Jahrgang (1960) durchaus verbreitet war, kam ihm nicht in den Sinn. Im Gegenteil: "Mein Land hatte Rücksicht auf mich genommen - da war es für mich eine Pflicht, ihm nun zu folgen", sagt er. Und verpflichtete sich dann auch für fünf Jahre als Truppenarzt beim Heer. Mit der Bundeswehr kam er nach Kambodscha, und erkannte dort, was er im Studium noch nicht gefunden hatte: sein Ziel. Keine schlechte Methode, meint er. "Jeder Jugendliche sollte ein soziales Jahr machen müssen, egal bei wem", sagt er, "um sich aufs wahre Leben vorzubereiten".

König studierte noch mal, "Public Health", wollte eigentlich zu einem internationalen Hilfsprojekt, als ihn engagierte Düsseldorfer baten, sie bei der Gründung einer medizinischen Hilfe für Obdachlose zu unterstützten. Er sagte zu. "Man muss gar nicht weggehen, um Bedürftigen zu helfen." Und ihn reizte auch die Aussicht, etwas ganz Neues aufzubauen. Danach hat er sich lange gar nicht vorstellen können, eine "normale" Praxis zu haben. Obdachlosenhilfe, das bedeutet, "täglich mit 100-prozentig Kranken und 100-prozentig Bedürftigen" zu tun zu haben. Und Zeit hatte er sowieso nicht mehr, weil ihm ein Kollege beim Kaffee nahelegte, auch den Vorsitz in der Notfallpraxis zu übernehmen. Die war seinerzeit noch einzigartig in der Republik, ein inzwischen oft kopiertes Projekt, für das König seit geraumer Zeit wieder kämpfen muss. Die Diskussionen mit den Kassen, sagt er, "sind nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig".

Gewissermaßen zum Ausgleich hat er vor zehn Jahren seine Hausarztpraxis eröffnet, "mit tollen Mitarbeitern und Patienten, das macht sehr viel Spaß." Über Freizeit muss man da nicht lange reden: lesen (gerne römische Geschichte), wandern, reisen. Und davon träumen, einen Weinberg zu besitzen.

Dabei tut er in Düsseldorf doch eigentlich nichts anderes als ein Weinbauer: Er investiert viel Fleiß und Herzblut, kultiviert das soziale Engagement und er kann auch sehen, wie seine Projekte wachsen und gedeihen.

Zum Dank für seinen Einsatz in Haupt- und Ehrenamt ist Carsten Köhler gestern mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden.

(RP)
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