Garath/Hellerhof Der Streit-Schlichter

Garath/Hellerhof · Lassen sich Probleme nicht unter vier Augen lösen, entwickelt sich schnell ein Nachbarschaftsstreit. Schiedsleute wie Jürgen Fallasch schlichten dann.

 Jürgen Fallasch soll in der morgigen Ratssitzung von der Politik für eine weitere fünfjährige Amtszeit wiedergewählt werden. Seine jetzige Amtszeit läuft zum 17. November aus.

Jürgen Fallasch soll in der morgigen Ratssitzung von der Politik für eine weitere fünfjährige Amtszeit wiedergewählt werden. Seine jetzige Amtszeit läuft zum 17. November aus.

Foto: Günter von Ameln

Es ist Sonntagnachmittag, man möchte die noch verbliebene Freizeit vor der nächsten Arbeitswoche zum Entspannen nutzen. Wen stört es da nicht, wenn der Nachbar plötzlich lautstark den Rasen mähen will? Reicht da ein freundliches Wort nicht aus, um einen Kompromiss zu finden, kann aus mehreren Kleinigkeiten ein Jahre andauernder Nachbarschaftsstreit werden. Diesen dann zu beenden, scheint oft schwer.

Dafür sind dann ehrenamtliche Schiedsleute wie Jürgen Fallasch (65) da. Sie bilden eine sogenannte vorgerichtliche Streitschlichtungsstelle, da "Nachbarschaftsstreitigkeiten grundsätzlich vor Gericht erstmal abgelehnt werden", wie Fallasch erläutert. Statt den Nachbar wegen Ruhestörung, Beleidigung oder sogar Körperverletzung anzuzeigen, soll mit seiner Hilfe versucht werden, einen außergerichtlichen Kompromiss zu finden. Dieser habe jedoch genau so viel Gültigkeit wie ein Gerichtsurteil. "Ist der gemeinsam formulierte Vergleich von beiden Parteien unterschrieben, ist er 30 Jahre lang gültig", sagt der 65-Jährige.

Die ehrenamtlich tätigen Schiedsleute werden von der Politik gewählt und vom Amtsgericht vereidigt. Sie sollen vor allem eine nachhaltige Lösung des nachbarschaftlichen Problems finden. So kann es sein, dass über Ursachen gesprochen wird, die "schon fünf Jahre zurückliegen", erklärt Schiedsmann Jürgen Fallasch. Sein persönliches Ziel sei es, vor allem respektvoll und freundlich mit den Streitenden umzugehen. "Man kann jedoch nicht erwarten, dass sich Nachbarn nach jahrelangem Streit sofort wieder die Hand geben", sagt Fallasch, der mittlerweile in Rente ist. Fünf Jahre lang hat er Streitschlichtungen parallel zu seiner Arbeit im Krisen-Management bei der Firma Henkel durchgeführt. Als er in 2012 in Altersteilzeit und 2015 schließlich in Rente ging, wollte er nicht plötzlich "in ein Loch der Untätigkeit fallen", wie der Schiedsmann berichtet.

Die Antragsgespräche führt der 65-Jährige bei sich Zuhause; die Verhandlungen finden jedoch in der Freizeitstätte Garath statt. "Es ist nicht gut, wenn man die Streitenden zu sich nach Hause einlädt. Wenn die Emotionen hochkochen, ist es besser, ein neutrales Umfeld zu haben", erklärt der Schiedsmann. Zweimal musste er sogar vorsichtshalber die Polizei rufen. Fallasch ist auch in der Öffentlichkeitsarbeit des Schiedsamtes tätig und hält Vorträge zur Prävention von Nachbarschaftsstreits.

In Düsseldorf arbeiten insgesamt 20 Schiedsleute, darunter sind neun Frauen. Sie alle haben eine durchschnittliche Fallzahl von fünf bis 23 Fällen pro Jahr. Jürgen Fallasch ist in diesem Jahr bereits bei seinem zehnten Fall angekommen. Und die Arbeit als Schiedsmann mache ihm Spaß, sagt er.

Sein Motto: "Eine gute Nachbarschaft ist wichtiger als das Recht." Und das gilt auch bei dem Finden von Kompromissen mit sonntäglichen Ruhestörern, die ihren Rasen mähen wollen.

(RP)
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