Gerresheim Ein Leben für den Fußball

Gerresheim · Ossi Petrovic ist seit 50 Jahren Mitglied beim TuS Gerresheim. Er schätzt den Zusammenhalt und beklagt den heutigen Mangel an Kameradschaft. Heutzutage seien die Jungs nur noch darauf bedacht, dass die Frisur sitze, sagt er.

 Petrovic: "Die jungen Spieler haben zwar viel Talent, aber wenig Einstellung. Charakter und Leidenschaft schlagen Talent. Talent gewinnt keine Spiele."

Petrovic: "Die jungen Spieler haben zwar viel Talent, aber wenig Einstellung. Charakter und Leidenschaft schlagen Talent. Talent gewinnt keine Spiele."

Foto: jan

Für Oskar "Ossi" Petrovic wäre das Leben ohne Fußball nur halb so schön. Der 59-Jährige atmet Fußball wie kaum ein Zweiter, die Welt ist für ihn die meiste Zeit seines Lebens ein Ball. Er ist ein Typ, ein Charakterkopf, einer vom alten Schlag, wie sie leider allzu zu selten geworden sind auf den Fußballplätzen. Seit genau einem halben Jahrhundert ist er nun Mitglied beim TuS Gerresheim. Im Oktober 1965 hatte ihn sein Vater beim TuS Gerresheim angemeldet.

Seine Begeisterung für das Spiel hat in all den Jahren nicht gelitten. Ihm macht es unendlich viel Spaß, über Fußball zu reden, dann leuchten seine Augen, und auch seiner Stimme ist die Begeisterung anzuhören. Jeden Sonntag steht er als Zuschauer an einem Fußballplatz. "Ich brauche die Atmosphäre", sagt er.

Oskar Petrovic, der im damaligen Jugoslawien geboren wurde, mit vier Jahren nach Gerresheim kam und wie sein Vater in der Glashütte schuftete, ist einer von der schnurgeraden Sorte. Ehrlich, schnörkellos, aufrecht, rustikal und verlässlich. Um zu verstehen, wie dieser Mann tickt, muss man sich an die Zeiten erinnern, in denen er noch selbst Fußball gespielt hat. Es waren die 70er- und 80er- Jahre, als die Innenverteidiger noch Vorstopper hießen, einen Libero hinter sich hatten, es das Wort Raumdeckung noch nicht gab und der Kunstrasen noch nicht erfunden war.

Aus dieser Zeit stammt die Weltanschauung des Maschinenschlossers: Er schätzt den Zusammenhalt und beklagt den heutigen Mangel an Kameradschaft. "Heute will sich niemand mehr quälen, dabei hat ein bisschen Härte, auch gegen sich selbst, noch niemandem geschadet. Heute wird nach dem Spiel höchstens mal bei einem Bier die Kameradschaft gepflegt, früher waren es drei, vier und mehr Biere." Für Petrovic ist Fußball eine Generationenfrage. "Die jungen Spieler haben zwar viel Talent, aber wenig Einstellung. Auf Strecke wird ehrliche Arbeit belohnt. Charakter und Leidenschaft schlagen Talent. Talent gewinnt keine Spiele." "Ossi" machte in der D4-Jugend als Feldspieler sein erstes Spiel. "Wir verloren 0:5 gegen den SSV Oberkassel", sagt er. Später wechselte er auf die Position des Torhüters. Im Laufe seiner Karriere spielte er mit den Allofs-Brüdern, Demir Hotic und Mike Büskens zusammen. Am liebsten erinnert er sich an die 2:4-Niederlage mit Eller 04 im Jahre 1977 gegen Fortuna. Da war er als Keeper in Hochform und verhinderte eine höhere Niederlage." Mit 30 musste er die Fußballschuhe wegen eines Knieschadens an den Nagel hängen. So schlug er früh die Trainerlaufbahn ein, betreute den TuS Gerresheim, DJK Rheinfranken, Agon 08, Eller 04, TuS Erkrath, Rather SV, Unterrath, Post SV und FC Tannenhof. Aber irgendwann passte "Ossi" als Trainer nicht mehr in die Zeit, weil er ein anderes Verständnis von Fußball hat als die aktuelle Generation. Das sagt er über sich selbst, das sagen auch seine Vereinskameraden. Anpassen ist nicht seine Stärke. Dazu hätte er sich selbst ein Stück weit verleugnen und verbiegen müssen. Er bleibt lieber so, wie er ist, und hörte als Trainer auf.

Mit der Smartphone-Kultur der aktuellen Jugend kommt er gar nicht klar. Heutzutage seien die Jungs nur noch darauf bedacht, dass die Frisur sitze und bald das neue Tattoo gestochen werde. Derzeit gehört er dem Vorstand des TuS Gerresheim an und beklagt die schlechte Jugendarbeit während der vergangenen Jahre. "Wir fangen wieder ganz unten an", sagt er.

(RP)
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