Gerresheim Erinnerungen an de Hött

Gerresheim · Seitdem die Gerresheimer Glashütte geschlossen wurde, treffen sich ehemalige Mitarbeiter jedes Jahr zu einer inoffiziellen Betriebsversammlung. Bei einem Altbier erinnern sie sich zurück an ihre Zeit in dem Betrieb.

 Sie haben jahrelang bei der Gerresheimer Glashütte gearbeitet: Inge Tolle im Personalwesen, Josef Lauter (Mitte) als Ingenieur und Joachim Forker als technischer Angestellter.

Sie haben jahrelang bei der Gerresheimer Glashütte gearbeitet: Inge Tolle im Personalwesen, Josef Lauter (Mitte) als Ingenieur und Joachim Forker als technischer Angestellter.

Foto: Bauer

Es war ihr erster Job: Als Inge Tolle 1964 bei der Gerresheimer Glashütte anfing, war sie gerade 14 Jahre alt. "Um ehrlich zu sein, wusste ich gar nicht genau, was ich machen wollte", sagt die heute 67-Jährige. "Mein Vater hatte mir geraten, mich bei der Glashütte zu bewerben." Denn ihre ganze Familie war schon mit dem 1864 gegründeten Werk verbunden. Ihre Großeltern hatten sich in dem Betrieb kennengelernt - sie im Lohnbüro, er in der Schichtarbeit.

 Glasmacher bei der Arbeit. Das Bild stammt aus einer alten Mitarbeiter-Zeitschrift aus den 1960er Jahren, die Inge Tolle gesammelt hat.

Glasmacher bei der Arbeit. Das Bild stammt aus einer alten Mitarbeiter-Zeitschrift aus den 1960er Jahren, die Inge Tolle gesammelt hat.

Foto: Gerresheimer Glashütte

Also beginnt die junge Inge Tolle eine kaufmännische Ausbildung bei den Glasmachern, arbeitet erst im Einkauf, dann im Personalwesen. Insgesamt zehn Jahre ihres Berufslebens hat sie dort gearbeitet, bis sie Mutter wurde. "Ich muss sagen: Es war mit die schönste Zeit", erinnert sich die gebürtige Gerresheimerin. "Wir Kollegen hatten ein sehr gutes Verhältnis zueinander, es war alles nicht so streng wie heute."

 Qualitätskontrolle der Gläser durch einen Spezialisten.

Qualitätskontrolle der Gläser durch einen Spezialisten.

Foto: Gerresheimer Glashütte

Und drei der Kollegen aus dem Personalwesen, mit denen sie sich vor fast 50 Jahren so gut verstanden hat, sieht sie noch regelmäßig: bei einem jährlichen Treffen der ehemaligen Mitarbeiter der Glashütte. Das organisiert Joachim Forker seit elf Jahren, von Jahr zu Jahr werden es mehr, die davon erfahren. An diesem Tag sitzen rund 25 frühere Mitarbeiter zusammen und tauschen sich über ihre Zeit bei der Glashütte aus. Joachim Forker selbst hatte 1959 als Elektromechaniker in der Schmelzabteilung angefangen. Nach fünf Jahren entschied er sich zu einer Weiterbildung und kehrte 1968 als technischer Angestellter zur Glashütte zurück. Auch er spricht vom Wir-Gefühl in dem Betrieb, das nicht zuletzt wegen der Siedlung rund um die Glashütte entstand - dort spreche man bis heute "Hötter Platt". "Es war ein sicherer Job mit vielen Sozialleistungen", sagt der gebürtige Dresdner. "Die Mitarbeiter waren immer mit vollen Einsatz dabei", sagt auch Josef Lauter, früher als Ingenieur angestellt. "Im Vollzeitbetrieb mussten wir nachts, am Wochenende und an Feiertagen arbeiten, aber nie hat sich einer der Männer beschwert - und auch nicht ihre Ehefrauen." Nach und nach, da sind sich alle einig, haben die Mitarbeiter aber gemerkt, dass es mit der Glashütte zu Ende geht. "Das Werk konnte nicht mehr alle Auflagen, das Geschäft war nicht rentabel", so Josef Lauter. Aber als die Glashütte 2005 schließlich schloss, genossen die drei schon ihren Ruhestand.

(veke)
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