Gerresheim Fleißkärtchen fürs Holzsammeln

Gerresheim · Die Ferdinand-Heye-Schule in Gerresheim besteht seit 150 Jahren. Ein Blick zurück in die schwierigen Anfangsjahre.

 Ein Bild aus den Anfangszeiten der Ferdinand-Heye-Schule

Ein Bild aus den Anfangszeiten der Ferdinand-Heye-Schule

Foto: Archivbilder Gerresheim (Thomas Boller/Peter Stegt)

Als der 25-jährige Ferdinand Heye 1864 von seinem ausgezahlten Erbanteil (30.000 Taler) die Glashütte in Gerresheim gründet, geht es ihm natürlich vor allem um die wirtschaftliche Perspektive. Aber für Heye ist auch das Wohlergehen seiner aus ganz Europa angeworbenen Glasbläser wichtig. Kostenfreies Wohnen in den Werkswohnungen zählt beispielsweise zu den Annehmlichkeiten. Und Heye denkt sich, es könne auch nicht schaden, wenn die Kinder seiner Arbeiter lesen und schreiben lernen würden. Also "schnorrt" er von seiner Mutter weitere 600 Taler und errichtet bis 1868 auf zwei Morgen Land die Heyeschule. Grundstück und Gebäude schenkt er der damaligen Stadt Gerresheim - "für ewige Zeiten", wie Heye in der Schenkungsurkunde ausdrücklich hervorhebt. Zu Beginn gibt es nur einen einzigen Lehrer, der 200 Kinder unterrichtet. Das reicht schon bald nicht mehr aus, 1884 lässt Heye die Schule erweitern. Im Jahr 1905 besuchen sogar 775 Kinder die Heyeschule.

Aus den Anfangsjahren gibt es keine Aufzeichnungen mehr vom internen Schulleben, das ändert sich in den 1920er Jahren, als der legendäre Rektor Kneist in der Schule das Sagen hat. In der Chronik zum 125-jährigen Bestehen der Gerresheimer Schule kommen noch Weggefährten von Kneist zu Wort - wie seine Tochter Wulfriede, zum damaligen Zeitpunkt 93 Jahre alt: "Mein Vater entstammte einer Arbeiterfamilie und kannte die Not und das Elend der Arbeiter mit ihren zumeist vielen Kindern. Er hat die begabteren Kinder zu Hause zusammengeholt, damit er sie noch gesondert unterrichten konnte." Erni Leisten erinnert sich: "Wir mussten immer Reisig und Holz sammeln, damit in seinem Haus geheizt werden konnte. Auch für die Klasse sammelten wir Äste, damit im Winter der Bollerofen geheizt werden konnte. Anschließend bekamen wir ein Fleißkärtchen." Viele Konferenzprotokolle aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg sind zudem erhalten. Ein Eintrag im September 1949: "Die Kinder sollen auf die Schädlichkeit des Eisessens hingewiesen werden." Ein weiteres Beispiel aus dem Februar 1956: "Hauptaufgabe der Musikerziehung ist es, unserer Jugend einen reichen, mit Lust ersungenen Liederschatz zu vermitteln. Echtes Liedgut sollte von sentimentalem Pseudo-Liedgut unterschieden werden."

Lange ist es her, heute besuchen die Ferdinand-Heye-Grundschule noch 160 Kinder, 15 Lehrer unterrichten sie. Vor zehn Jahren wurde das Gebäude kernsaniert, und Schulleiterin Janine Fritzemeier-Kollath sieht ihre Schule für die Zukunft gut aufgestellt. "Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, handlungs- und praxisorientiert zu wirken, wollen auch in den Stadtteil hinausgehen. Wir wissen, dass die Kinder bisweilen ihr Päckchen zu tragen haben, aber das wollen wir ihnen nach Möglichkeit abnehmen. Das Kollegium ist auf jeden Fall extrem motiviert."

Diese Herangehensweise knüpft an die Einstellung von Bodo Brücher an, der von 1949 bis 1962 an der Heyeschule lehrte. Schon damals hätten die Lehrer weit mehr als nur das Erwartbare an Arbeit für die Schule und die Schüler geleistet. Und auch der Gedanke der Mitwirkung und Mitbestimmung seitens der Eltern und Schüler hätte schon damals einen hohen Stellenwert genossen. Eben ganz im Sinne von Ferdinand Heye.

(RP)
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