Golzheim Tankstelle mit Herz

Golzheim · In den 1930er Jahren startete Heinrich Schmitz an der Kaiserswerther Straße mit einem der ersten Autohöfe in Düsseldorf durch.

Heinrich Schmitz war zu seiner Zeit, so würde man es heute wohl ausdrücken, ein Visionär. Er hatte sich bereits sehr früh mit dem Automobil auseinandergesetzt und 1912 seinen Führerschein absolviert. Während des Ersten Weltkriegs sicherte ihm die Ausführung von Lastfahrten seine Existenz, darüber hinaus agierte er als Chauffeur. Im Automobil, das merkte er schnell, schlummerte Potenzial.

Nach dem Krieg erwarb Schmitz das Grundstück an der Kaiserswerther Straße 210 und gründete den "Autobetrieb Heinrich Schmitz KG". Mitte der 1920er Jahre legte er bei der Stadt den Antrag zum Bau von Garagen und einer Tankstelle vor. "Die Kaiserswerther Straße ist die größte Automobilstraße Düsseldorfs. Der ganze Verkehr nach Duisburg, Mülheim, Oberhausen vollzieht sich hier. Stützpunkte für die Wagen sind daher an dieser Straße eine dringende Notwendigkeit", argumentierte er einleuchtend. "Leider war die Weitsicht bei der Stadtverwaltung damals offenbar nicht so ausgeprägt wie bei meinem Großvater, da insgesamt acht seiner Bauanträge abgelehnt wurden", hat Enkeltochter Monika Bea in der Familiengeschichte recherchiert.

Doch Schmitz ließ sich in seinem Vorhaben nicht vom Weg abbringen, wie etwa ein Schreiben von 1925 an den "Herrn Baurat Schilling" belegt. Er führte unter anderem an, dass die Bevölkerung in den "besseren Wohnungen im Norden Düsseldorfs" vermehrt Kraftfahrzeuge besitzt und bereits eine große Anzahl dieser sogar selbst fahren und nicht mehr nur Chauffeure am Steuer sitzen würden. Obwohl 1931 die ersten Genehmigungen vorlagen, blieben weitere Hürden zu überwinden: Baupolizeiliche Vorschriften mussten mit Rücksicht auf die Stadtteilplanung im Norden Düsseldorfs angepasst werden. Einwände aus der Nachbarschaft führten zu weiteren Ablehnungen. Ferner hatte die Feuerpolizei erhebliche Bedenken gegen die Lagerung und die Abgabe von Benzin im öffentlichen Straßenraum.

Als alles in trockenen Tüchern war, konnte Schmitz mit seinem "Autohof Schwarz-Weiss" durchstarten. Die Idee zu dem Namen kam ihm, weil sich auf dem Grundstück weiße Tauben in einem schwarzen Verschlag befanden. Er verdoppelte die Fläche 1933 durch den Erwerb des Nachbargrundstücks, baute 1935 die Garagen und die Werkstatt. 1938 erhielt er die Genehmigung für einen hochmodernen Unterbodentank. Obwohl Schmitz nicht der NSDAP angehörte, konnte er während des Zweiten Weltkriegs durchgängig den Betrieb aufrechterhalten. Die in den Rheinpark-Garagen untergestellten Fahrzeuge von jüdischen Bürgern wurden jedoch konfisziert.

In den 1950er Jahren wurde der Ausbau weiter forciert. Das Werkstatt-, Garagen-, Reifen- und Tankgeschäft blühte, eine automatische Waschanlage folgte in den 1960ern. Service und der persönliche Kontakt wurden groß geschrieben. "Der Austausch zwischen Kunde und Mitarbeitern war eng, mein Schwiegervater wie später auch mein Mann Josef, der den Betrieb 1960 nach dem Tod meines Schwiegervaters übernahm, pflegten intensive Gespräche über Kunst und Kultur, Schule, Politik und Wirtschaft. Während der Sprit in die Autotanks floss, hatte man noch Zeit zum Plaudern", berichtet Karin Schmitz. Tankstellen hatten bis in die 1970er Jahre täglich 24 Stunden geöffnet.

Im Zuge der Rationalisierung des Tankstellenmarktes entschieden Josef Schmitz und seine Schwester sich 1998 dazu, Betrieb und Grundstück zu verkaufen. Heute befindet sich auf dem Grundstück ein Wohngebäude. Nichts deutet mehr auf den historischen Betrieb hin.

(RP)
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