Pempelfort Hausfassade als Fotokunst

Pempelfort · Das einstige Wahrzeichen der Bayer AG, seinerzeit Deutschlands höchster Verwaltungsbau und hochgelobte Ingenieurskunst, erlebt seinen 50. Geburtstag nicht mehr. Der Klotz wird abgerissen und in Einzelteile von rund 60 Tonnen zerteilt – gesprengt werden darf in der Nähe von Chemiebetrieben nicht. Was ein Abschied ist, ist andernorts ein Neubeginn: Unter dem Titel "Alphaversionen" zeigt der Fotokünstler Rainer Rehfeld in seiner Galerie "Coelner Zimmer" zurzeit Bilder des Hauses.

 Rainer Rehfeld

Rainer Rehfeld

Foto: Christoph Göttert

Die architekturfotografische Serie "Alphaversionen" ist die erste Ausstellung im "Coelner Zimmer". Die Bilder seien dokumentarische Zeitzeugen, sagt Rehfeld. Und zwar ganz ungewollt, denn als er auf den Auslöser seiner Kamera drückte, die Bilder aussuchte und bearbeitete, war über die Zukunft des Hochhauses noch gar nicht entschieden.

Fünf Millionen Leuchtdioden

Rainer Rehfeld machte eine Ausbildung zum Steinbildhauer und entdeckte durch den Job bei einem Architekturfotografen die Liebe zur Fotografie. 1997 machte er sich in Köln selbstständig, sein Schwerpunkt: Industrie- und Architekturfotografie. Die Aufnahmen zur aktuellen Ausstellung machte Rehfeld Mitte 2009.

Während einer Testphase wurde das 122 Meter hohe Gebäude mit mehr als fünf Millionen Leuchtdioden versehen. Im Inneren entstand ein "grüner Kern" aus dem Kunststoff Makrolon. Ziel dieses Tests war, dass – wie bei einer riesigen Lichterkugel – die Werbebilder und -filme in hellem Lichterglanz erstrahlen sollten.

Aufgrund der Fehlermenge in der technischen Umsetzung beschloss die Bayer AG jedoch schließlich, das Vorhaben der "weltgrößten Medienfassade" zu begraben. Doch das interessierte Rehfeld schon gar nicht mehr, denn er empfand als spannend, was unfertig ist: "Ich habe mich dem Objekt anfangs rein dokumentarisch gewidmet", sagt er. "Dann sah ich diese reflektierenden Lichter, fragte mich, was das aussagen soll und bewegte mich langsam in eine Art Dialog mit dem Objekt."

Dies war der Moment des Künstlers, denn das, was er sah, ist auch auf den Fotos sichtbar. Durch den Zoom der Kamera erscheint das Hochhaus ganz nah. Der Betrachter sieht einen Ausschnitt dieser gigantischen Fassade. Die Interpretation der Bilder obliegt allein dem Betrachter.

Der Besuch der Ausstellung "Alphaversionen" lohnt sich, weil es eine "Betaversion", also eine nachfolgende Fotoserie, nicht mehr wird geben können.

(RP)
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