Düsseldorf Hinter den Kulissen des Viertels

Düsseldorf · Interkultureller Stadtteil-Rundgang von Polizei, Awo und Integrationsagentur: Die Teilnehmer besuchten den ambulanten Kinderhospizdienst, Feuerwehr und Münstertherme sowie zwei Moscheen.

 Die Münstertherme: nicht nur als Bad, sondern auch als Treff im Stadtteil beliebt

Die Münstertherme: nicht nur als Bad, sondern auch als Treff im Stadtteil beliebt

Foto: Christoph Goettert

Pempelfort/Derendorf Das Ladenlokal des ambulanten Kinderhospiz-Dienstes an der Nordstraße ist nicht unbedingt ein Ort zur Einstimmung auf einen vergnüglichen Vormittag. Dennoch machten die Teilnehmer des Interkulturellen Rundgangs am Samstag als Erstes genau dort Station. Diese Rundgänge, die Dirk Sauerborn, Polizeibeamter und Kontaktbeauftragter der Polizei für muslimische Institutionen, seit einiger Zeit gemeinsam mit der Awo und den NRW-Integrationsagenturen organisiert, sind nicht als beschauliche Spaziergänge gedacht. Vielmehr sollen die Teilnehmer "hinter die Kulissen schauen", so Sauerborn. "Denn nur, wer hinter die Kulissen schaut, kann Einstellungen und Meinungen revidieren." Die Rundgänge durch Derendorf und Pempelfort mit ihren ganz unterschiedlichen Stationen wollen, so der Polizeibeamte, den auch nicht weniger als "des Lebens ganze Vielfalt abbilden".

 Polizeibeamter Dirk Sauerborn (rechts) besuchte mit den Teilnehmern seines Rundgangs auch die Feuerwache an der Münsterstraße. Wer wollte, konnte dort mit dem Kran des Löschfahrzeugs hoch hinaus.

Polizeibeamter Dirk Sauerborn (rechts) besuchte mit den Teilnehmern seines Rundgangs auch die Feuerwache an der Münsterstraße. Wer wollte, konnte dort mit dem Kran des Löschfahrzeugs hoch hinaus.

Foto: Christoph Göttert

Im Einsatz für die Menschen

Dass dazu auch der Tod gehört, wurde eben im Kinderhospizdienst deutlich. Aber auch das enorme Engagement der dort ehrenamtlich tätigen Menschen — wie Wolfgang Brünker, der über seinen Einsatz berichtete: "Wir kümmern uns um die Eltern und die Kinder, die uns anvertraut sind, und zwar vom Tag der Diagnose bis zum Tod des Kindes." Dabei gehe es nicht um Betreuung, sondern um Begleitung. "Wir schenken den Betroffenen unsere Zeit, wenn sie es wünschen", so Brünker.

Im Einsatz für die Menschen sind auch die Wachleute der Feuerwehr an der Münsterstraße, der nächsten Station — und zwar regelmäßig in 24-Stunden-Diensten, wie die Teilnehmer zu ihrer Verblüffung vom jungen Oberbrandmeister Patrick Birkner erfuhren. Ob die Feuerwehrleute denn auch psychologischen Beistand nach schweren Einsätzen erhielten, wollte eine Teilnehmerin wissen. "Doch schon", so Birkner. "Aber vor allem helfen wir uns gegenseitig." Feuerwehr wie Polizei, ergänzte Sauerborn, werben in jüngster Zeit übrigens vermehrt um Mitarbeiter mit Migrationshintergrund.

Von der historischen Feuerwache (Baujahr 1911) ging es hinüber zur benachbarten Münstertherme (Baujahr 1902), die seit den 1990er-Jahren unter Denkmalschutz steht. Das übrigens erst aufgrund bürgerschaftlichen Engagements: Als Pläne bekannt wurden, das historische Bad umzufunktionieren, gründete sich eine Bürgerinitiative unter Leitung des Künstlers Volker Gerlach. Mit regelmäßigen Demos auf der Nordstraße schaffte man es schließlich, dass das Bad erhalten wurde. Und Gerlach bekam eine der denkmalgeschützten Umkleidekabinen gewidmet.

Zwar trainieren die Feuerwehrleute von nebenan regelmäßig im Bad und absolvieren dort auch ihr Sportabzeichen. Aber ein richtiges Schwimmbad ist die Münstertherme nicht. "Wir sind eher ein Stehbad", berichtete Betriebsleiter Achim Freund schmunzelnd. "Die Leute aus dem Viertel sollen sich hier treffen und austauschen können." Damit sie dabei nicht frieren, beträgt die Beckentemperatur auch satte 30 Grad. Bahnen für Dauerschwimmer werden übrigens nicht abgetrennt.

Auf dem oberen Teil der Münsterstraße nahe der Therme haben sich viele internationale Geschäfte angesiedelt. Eins davon ist der Laden "Bier und Beer" des Kasachen Vitali Kuschkin mit nicht weniger als 300 verschiedenen Sorten. "Bier sollte man wie Wein genießen", meint Kuschkin. Bier oder andere alkoholische Getränke tabu sind dagegen in der Bejtullah-Moschee an der Rather Straße. Den Gebetsraum hat die muslimische Gemeinde vom Ditib-Verein übernommen, der mit seiner Moschee in den früheren S-Bahnhof gezogen ist. In der Bejtullah-Moschee treffen sich rund 500 Roma aus dem mazedonischen Sprachgebiet, die im Raum Düsseldorf leben, zum Gebet. Vor allem die Eingliederung Jugendlicher bilde einen Schwerpunkt der Gemeindearbeit, so Emran Elmazi vom Vorstand. Das versuche man mit niedrigschwelligen Angeboten wie Fußballturnieren, Kinobesuchen oder Bildungsfahrten. "Warum nehmen sie nicht mal Kontakt zur nahen Barbara-Gemeinde auf, die sind sehr international ausgerichtet", schlug eine Teilnehmerin vor. Die dortige katholische Gemeinde hat nicht weniger als sechs muttersprachliche Untergemeinden, von Ghana bis Spanien.

(RP)
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