Holthausen Keine Extras in der Männerwelt

Holthausen · Henkel bildet den eigenen Nachwuchs für die Werksfeuerwehr aus. Darunter ist als einzige Frau Jessica Hoffmann (18).

 Jessica Hoffmann macht aktuell ihre Ausbildung bei Henkel zur Werksfeuerwehrfrau.

Jessica Hoffmann macht aktuell ihre Ausbildung bei Henkel zur Werksfeuerwehrfrau.

Foto: Andreas Endermann

Eigentlich ist für Jessica Hoffmann nie ein anderer Beruf in Frage gekommen, als der der Feuerwehrfrau. Schon als Kind, als sie unweit der Feuerwache Posener Straße wohnte, liebte sie die großen roten Fahrzeuge und das Tatütata, mit dem die Einsatzfahrzeuge bei ihr zu Hause vorbeirauschten. Doch zunächst war es ein Anhimmeln aus der Ferne. Bis eines Tages ihre Mutter die Gunst der Stunde nutzte und in einem Baumarkt eine Frau in Feuerwehruniform ansprach.

Kurz darauf machte Jessica ihr Schulpraktikum während der neunten Klasse bei der Feuerwehr. Das gefiel ihr so gut, dass sie danach der Freiwilligen Feuerwehr beitrat. Und nun sogar bei Henkel zur Werksfeuerwehrfrau ausgebildet wird. Das ist ein seit 1. August 2015 von der Industrie- und Handelskammer anerkannter dreijähriger Ausbildungsberuf. Diese Laufbahn hat Jessica Hoffmann im Spätsommer 2015 begonnen. Vor ein paar Tagen hat sie die Zwischenprüfung abgelegt, aber noch kein Ergebnis. Aber sie ist voller Zuversicht, dass alles geklappt hat.

Den Realschulabschluss vor Augen bewarb sie sich als 16-Jährige auf einen der acht Ausbildungsplätze bei der Werksfeuerwehr von Henkel. Am Ende war sie die einzige Frau, die das Auswahlverfahren überstand. Vor allem der Sporttest hatte der jungen Düsseldorferin die eine oder andere Sorge bereitet: "Dafür habe ich viel trainiert", erzählt sie. Auch bei der Henkel-Werksfeuerwehr setzt man inzwischen auf den geschlechtereinheitlichen Sporttest für angehende Feuerwehrleute, der mit Unterstützung der Kölner Sporthochschule entwickelt wurde.

Im Fall von Jessica wurde er allerdings wegen ihres Alters angepasst; zum Zeitpunkt der Prüfung war sie noch keine 18. Unter anderem standen zwei Laufdisziplinen (drei Kilometer und 400 Meter Sprint) an sowie Liegstütze und eine Leiter hochklettern. Außerdem musste eine Dummy-Puppe über eine gewisse Distanz in Sicherheit gebracht werden. All solche Fähigkeiten können im Einsatz überlebenswichtig sein, entweder für einen selbst oder einen Kollegen. In den ersten 18 Monaten geht es um eine vielseitige Ausbildung in den Bereichen Metallverarbeitung, Elektro, Holzbearbeitung und Installation. Das sei wichtig, da bei Einsätzen die Feuerwehrleute mit Werkzeugen umgehen müssten, sagt Andreas Weich von der Werksfeuerwehr. Die zweiten 18 Monate sind für die Brandwehrausbildung vorgesehen. Unter anderem machen die Lehrlinge dort ihren Rettungssanitäter und einen Lkw-Führerschein.

Im August 2009 wurde der neue Ausbildungsgang bundesweit gestartet. Wegen akuten Nachwuchsmangels - sowohl bei den Berufsfeuerwehren als auch bei den Werkfeuerwehren - erarbeitete zunächst die Feuerwehr Düsseldorf eine Stufenausbildung zum Brandmeister. Um auch betrieblich ausbilden zu können, zog die Werkfeuerwehr von Henkel direkt mit. Davor musste, wer Feuerwehrmann oder -frau werden wollte, erst eine mindestens dreijährige handwerkliche Ausbildung machen und im Anschluss den 18-monatigen feuerwehrtechnischen Vorbereitungsdienst anschließen.

2011 feierte die Henkel-Werksfeuerwehr ihren 100. Geburtstag. 85 Mitarbeiter hat die Abteilung heute, darunter bislang nur eine Frau und die ist in einer Leitungsposition. Das soll sich ändern, auch um dem demografischen Wandel Herr zu werden.

Insofern ist Jessica Hoffmann auch ein Stück Vorreiterin. Doch das Bild gefällt ihr gar nicht: "Ich möchte keine Extrawurst, nur weil ich ein Mädchen bin", sagt sie.

(RP)
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