Kaiserswerth Ein Fall für den Kinderchirurg

Kaiserswerth · Am Florence-Nightingale-Krankenhaus kümmert sich Chefarzt Bertram Reingruber um Kinder wie Jevad. "Kleine Patienten mit Frakturen müssen anders behandelt werden als Erwachsene", sagt er.

 Bertram Reingruber mit seinem Patienten Jevad, der wegen eines gebrochenen Unterarms gekommen ist.

Bertram Reingruber mit seinem Patienten Jevad, der wegen eines gebrochenen Unterarms gekommen ist.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Beherzt reißt der kleine Jevad das Pflaster auf seinem rechten Unterarm ab. "Ich schaue jetzt nach, ob er wieder so beweglich ist wie der linke", sagt Bertram Reingruber. Der Kinderchirurg ergreift den verletzten Arm des syrischen Jungen und dreht ihn prüfend in beide Richtungen. "Tut das weh?" Der Achtjährige verneint. "Beugung, Streckung und die Drehbewegung sind seitengleich", stellt Reingruber zufrieden fest. "Auch die Achse ist in Ordnung. Vom Knochenbruch ist nichts mehr zu merken."

Auf einem Spielplatz in Ratingen war Jevad mit gebrochenem Unterarm von der Rutsche gefallen, die Fehlstellung der Achse erforderte eine Operation. Deshalb überwies der behandelnde Arzt den Jungen ans Florence-Nightingale-Krankenhaus in Kaiserswerth. Bertram Reingruber, seit April 2015 Chefarzt der dortigen Kinderchirurgie, lobt die Umsicht seines Kollegen: "Kleine Patienten mit Frakturen müssen anders behandelt werden als Erwachsene. Sie gehören in die Hand eines Kinderchirurgen."

In Vollnarkose wurde Jevad mit der speziell von Kinderchirurgen entwickelten "elastisch stabilen in-tramedullären Nagelung" (ESIN) versorgt. Durch eine winzige Öffnung fädelt der Chirurg einen elastischen Nagel ein und schiebt ihn durch den Markraum des Knochens nach oben. "Diese Methode zur Stabilisierung schont bei einem glatten Bruch die kindlichen Wachstumsfugen", erklärt Bertram Reingruber. Sie erspart auch den Gips, was die Heilungsphase erheblich verkürzt. Sobald Frakturen nämlich über längere Zeit durch einen Gips ruhiggestellt werden, schrumpfen die Gelenkkapseln. Mit der Nagelung können die Kinder fast ungehindert essen, Zähne putzen und ihre Handgelenke bewegen. Der minimalinvasive Eingriff hat sich inzwischen als Standardverfahren bei Frakturen der großen Röhrenknochen etabliert (Unter- und Oberarm, Unter- und Oberschenkel).

Die Kindertraumatologie ist eines der Fachgebiete des Kaiserswerther Chefarztes. "Insbesondere wegen der Wachstumszonen im Knochen erfordern Verletzungen im Kindesalter eine individuelle und altersgemäße Versorgung", sagt er. "Es gibt Frakturen, die dem natürlichen Heilungsverlauf überlassen werden können. Aber bei deutlicher Fehlstellung wird operiert. Für eine schnelle Mobilisierung muss die Schienung möglichst wenig belastend sein."

Knochenbrüche bei Kindern sollten aus seiner Sicht nur in einem darauf spezialisierten Zentrum versorgt werden - wie dem Florence-Nightingale-Krankenhaus. "Wir betreiben Aufklärung, damit die Ärzte aus der Stadt und dem Umland das wissen und beachten", erläutert Reingruber. "Auch die Rettungsdienste sollten darüber informiert sein, wo sich das nächstgelegene Zentrum befindet." Die urban geprägte Region um Düsseldorf sei wegen der kurzen Wege für eine exzellente kinderchirurgische Therapie perfekt geeignet. "Unser wichtigstes Anliegen ist, dass die kleinen Patienten optimal behandelt werden und ohne Schmerzen, Ängste oder schlechte Erinnerungen genesen können", sagt der Chefarzt. "Deshalb arbeiten wir intensiv an der weiteren Verfeinerung kindgerechter Verfahren." Um das Angebot weiter zu verbessern, wird eine konsequente Qualitätssicherung bei allen Patienten durchgeführt. Auch Studien und die Erteilung einer "zweiten Meinung" in strittigen Fällen gehören zu den Leistungen des Zentrums.

(RP)
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