Kaiserswerth Erst Abi, dann nach Ruanda

Kaiserswerth · 20 Schüler des Theodor-Fliedner-Gymnasiums in Kaiserswerth waren für drei Wochen in Afrika.

Es war kein reiner Urlaub, mehr Studienreise, eine Gelegenheit, den eigenen Horizont zu erweitern. Und es wurde richtig gearbeitet. Drei Wochen lang waren 20 Abiturienten des Theodor-Fliedner-Gymnasiums in Kaiserswerth in Begleitung von drei Lehrern und einem Mitarbeiter des Kirchenkreises in Ruanda. Es war bereits die vierte Reise im Rahmen dieses Austauschprojektes zwischen dem Evangelischen Kirchenkreis Düsseldorf und der anglikanischen Diözese Shyogwe, doch erstmals wurde dabei auch von den Schülern erwartet, dass sie in der letzten Woche bei einem Solar-Projekt Hand anlegen.

Und das war auch in deren Sinne, denn die Solaranlage, die auf dem Dach eines Handwerker-Ausbildungszentrums im ruandischen Gitarama installiert werden sollte, wurde aus den Erlösen des Charity-Walks, der im vergangenen Jahr vom Fliedner-Gymnasium durchgeführt wurde, finanziert. In dem Zentrum erhalten 60 Jugendliche eine berufliche Ausbildung mit dem Ziel, ihren Beruf später selbstständig oder im Rahmen einer kleinen Handwerkerkooperative auszuüben. Die Solaranlage soll helfen, die Energieversorgung im Ausbildungszentrum zu stabilisieren und die Kosten dafür zu senken. Die praktische Arbeit wurde zuvor in einem ebenfalls einwöchigen Workshop mit Jugendlichen aus Ruanda, Burundi und dem Kongo vorbereitet.

Doch natürlich waren die Eindrücke, die die Schüler mit zurück nach Deutschland nahmen, differenzierter. "Es war mir wichtig, direkt nach dem Abi in Afrika eine ganz andere Kultur kennenzulernen - und zwar eine, die nicht so von Luxus geprägt ist, wie die unsere", nennt der 18-jährige Frederik Roos als Grund, warum er sich für die Reise entschieden hat. Da sei Anpassung gefragt gewesen, bestätigt sein Zwillingsbruder Philipp, und das habe beim Essen angefangen: "Es gab am Buffet eben nicht die große freie Auswahl, sondern vor allem Reis, Kartoffeln, Bohnen, Möhren, und das Fleisch war sehr sehnig und knochig." Doch auch das alltägliche Leben auf der Straße sei ein komplett anderes gewesen. "Wir haben viele Kinder, aber kaum alte Menschen gesehen. Und es gab jede Menge Tagelöhner, die offenbar von der Hand in den Mund leben. Je weiter man sich von der Hauptstadt Kigali entfernte, desto größer wurde die Perspektivlosigkeit", berichtet die 17-jährige Judith Rapp.

Der Kontakt mit Jugendlichen aus Afrika sei im Verlauf der drei Wochen immer intensiver geworden. "Wir haben zusammen Fußball gespielt, Musik gemacht und eine WhatsApp-Gruppe gegründet", sagt Frederik Roos, ausgetauscht habe man sich vor allem auf Französisch. Überraschend sei für die Schüler gewesen, wie modern und zivilisiert sich die Millionenstadt Kigali inzwischen entwickelt hätte. "Es gab ein sehr reges Nachtleben, mit vielen Bars, in denen auch die Fußball-Europameisterschaft geschaut wurde", erzählt Philipp Roos. Der Favorit der Fans in Ruanda: "Ganz klar Frankreich."

Wie wichtig die Solaranlage für das Ausbildungszentrum war, erlebten die Schüler am eigenen Leib: "Nahezu täglich ist der Strom ausgefallen, auch fließendes Wasser war keine Selbstverständlichkeit", blickt Judith Rapp zurück, "diese Unterschiede sind schon krass, so etwas stärkt das Bewusstsein".

Lehrer Alfons Scholten war bereits das vierte Mal in Ruanda. Seine Eindrücke: "Die Versöhnungsarbeit, die geleistet wird, ist gut. Vergessen sind die Gräueltaten aus dem Bürgerkrieg aber natürlich nicht."

(RP)
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