Düsseldorf KZ-Häftlinge mussten Blindgänger bergen

Nord · Lokalpolitiker wollen mit Gedenktafeln an KZ-Häftlinge erinnern, die im Bezirk 5 als Bombenräumer gearbeitet und gewohnt haben.

 Das Bombenräumkommando in Kalkum: Gedenktafeln sollen an die Männer erinnern, die die Blindgänger entschärfen mussten.

Das Bombenräumkommando in Kalkum: Gedenktafeln sollen an die Männer erinnern, die die Blindgänger entschärfen mussten.

Foto: Mahn- und Gedenkstätte

Die Bezirksvertretung 5 hat in ihrer letzten Sitzung beschlossen, zwei Gedenktafeln im Stadtbezirk aufstellen zu lassen, die an zwei KZ-Außenlager in Kalkum und Lohausen erinnern sollen. Der genaue Ort und die Gestaltung der Tafeln sollen mit der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf abgestimmt werden. Das ist aber gar nicht so einfach, denn die Informationen um die ehemaligen Lager sind teilweise recht dürftig und werfen einige Fragen auf.

Relativ eindeutig ist die Quellenlage noch für den Standort Lohausen. Im Krieg hat es in Düsseldorf mehrere Außenlager der großen Konzentrationslager gegeben. Dazu gehörten beispielsweise Standorte in Stoffeln, an der Kirchfeldstraße, auf dem Gelände des heutigen Grafental und eben auch am Leuchtenberger Kirchweg 87 - 93 in Lohausen. "Dort war das sogenannte Sprengkommando Lohausen untergebracht.

Dabei handelte es sich um 40 KZ-Häftlinge, die von Angehörigen der SS oder der Polizei bewacht wurden. Sie wurden eingesetzt um Blindgänger zu bergen oder Sprengarbeiten am Flughafen vorzunehmen", sagt Peter Henkel, Mitarbeiter der Mahn- und Gedenkstätte. Dieses Lager bestand nur von November 1944 bis Februar 1945.

Dann wurde es aufgelöst und die Gefangenen zum KZ Buchenwald, zu dem das Lohausener Kommando gehörte, in der Nähe von Weimar zurückgetrieben. "Wir wissen nicht, was aus diesen Menschen, geworden ist. Vermutlich sind viele schon auf dem langen Weg bei Luftangriffen gestorben oder wurden, als sie nicht mehr weiter konnten, erschossen. Namentlich sind uns 27 Personen bekannt, die allerdings schon vor dem Abmarsch ums Leben gekommen sind", sagt Henkel.

Die zweite, von den Politikern angedachte Gedenkstelle, befindet sich dort, wo der alte Kalkumer Bahnhof stand. "Dort hat sich aber gar kein KZ-Außenlager befunden, sondern das sogenannte Bombenräumkommando Kalkum war dort untergebracht", sagt Henkel. Dieses bestand aus Luftwaffensoldaten, die speziell für die Entschärfung von Blindgängern ausgebildet waren. Unterstützt wurden sie bei der Arbeit von Zuchthaus-Insassen. "Das waren in erster Linie politische Gefangene wie Sozialdemokraten und Kommunisten", sagt Henkel. Diese mussten nach Luftangriffen die rund 20 Prozent nicht gezündeten Bomben freigraben, damit die Spezialisten sie entschärfen konnten. "Bei dieser gefährlichen Arbeit gab es viele Tote", sagt Henkel.

Nach besonders schweren Angriffen, wie beispielsweise Pfingsten 1943 oder Allerheiligen 1944, wurden der Kalkumer Gruppe Insassen des KZ-Außenlagers Kirchfeldstraße zur Verstärkung unterstellt. Das wurde allerdings seitens der Luftwaffensoldaten gerne vermieden. Sie behandelten nach mehreren Zeugenaussagen die Zuchthaushäftlinge relativ human. Übernahm aber die SS die Aufsicht, änderte sich das Klima und kam es auch zu Misshandlungen.

Unklar ist bis heute, welche Bedeutung die Arnheimer Straße 115 in Kaiserswerth gespielt hat. Diese Adresse wurde 1947 für ein weiteres Außenlager genannt, das zum Bombenräumkommando gehört haben soll. "Wo diese Aussage herstammt, ist bisher nicht nachvollziehbar und muss erst noch genauer untersucht werden", sagt Henkel. Die Mahn- und Gedenkstätte will nun mit den Lokalpolitikern abstimmen, an welchen Stellen ein Gedenken Sinn macht und an was erinnert werden soll.

(RP)
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