Hassels Konzept für Hassels gefordert

Hassels · Einige Tage nach dem Brand an der Potsdamer Straße sind die Bewohner in das Hochhaus zurückgekehrt. Die Zustände sind aber nach wie vor bedrückend. Der Mieterverein fordert deshalb Veränderungen für den Stadtteil.

 Die Brandschäden im obersten Stockwerk sind deutlich zu sehen.

Die Brandschäden im obersten Stockwerk sind deutlich zu sehen.

Foto: ch. göttert (2), g. berger

Die Wände sind schwarz. Hier und da klafft ein Loch, aus dem Stromleitungen baumeln. Der beißende Geruch von Ruß dringt in die Nase, sobald man das Treppenhaus des Hochhauses an der Potsdamer Straße 45 betritt. Vergangene Woche hat es dort wieder einmal gebrannt, diesmal im obersten Stockwerk. Die Wohnumgebung, die schon vorher heruntergekommen war, ist jetzt auch noch zusätzlich zerstört. Trotzdem sind die ausgesiedelten Bewohner größtenteils schon wieder zurückgekehrt. Vielen bleibt keine andere Wahl.

Es war Donnerstagmorgen, kurz nach Mitternacht, als ein Nachbar des Wohnhauses die Feuerwehr rief. Der oberste, 16. Stock des 40 Meter hohen Hauses, den die Bewohner als Lagerraum nutzen, stand in Flammen. Die Feuerwehr benötigte fünf Löschzüge, 95 Einsatzkräfte von Berufs- und Freiwilliger Feuerwehr und mehr als fünf Stunden, bis sie das Feuer unter Kontrolle hatte. Die Polizei geht von Brandstiftung aus.

Die Bewohner wurden größtenteils in Hotels untergebracht. Die meisten kehrten Samstag zurück, sobald es wieder Strom gab. Der Aufzug funktioniert immer noch nicht, ebenso wenig wie die Fernsehleitungen. Anwohner Ahmned Driguel: "Das ist eine Katastrophe. Alles stinkt." Nicht nur das Treppenhaus rieche, sondern auch die Wohnung und sogar seine gesamte Kleidung. Die wasche er nun nach und nach und hoffe, dass der hartnäckige Ruß-Geruch rausgeht. Alle Lebensmittel, die er zum Brand-Zeitpunkt im Kühlschrank hatte, musste er wegschmeißen.

Driguel ist erst vor wenigen Wochen in das Haus eingezogen — und will am liebsten gleich wieder ausziehen. Denn er hat in seinem neuen Wohnhaus schon drei Brände mitbekommen. "Ich bleibe hier nicht lange. Das ist schlimmer als am Bahnhof. Natürlich hat man Angst", sagt der kräftige Mann mittleren Alters. Die oberen Etagen und auch der Keller werden von Obdachlosen und Drogenabhängigen häufig als Aufenthalts- und teilweise als Schlafräume genutzt. Dort mischt sich der Ruß-Geruch mit dem von Urin.

Hans-Jochem Witzke, Vorsitzender des Düsseldorfer Mietervereins macht die Nachlässigkeit des Vermieters WBV Centuria dafür verantwortlich: "Der Vermieter profitiert davon, dass wir in Düsseldorf eine angespannte Wohnsituation im niedrigen Preissegment haben, und er nutzt es aus." Er investiere zu wenig, sei nur an Dividenden interessiert. Schon vor drei Jahren habe das Berliner Wohnungsbauunternehmen für das Hochhaus einen Concierge-Service in Aussicht gestellt. Der sollte kontrollieren, wer ein- und ausgeht. Bisher sei aber nichts dergleichen geplant. Witzke prangert zudem zahlreiche Bau- und Sicherheitsmängel an — wie fehlende Brandmelder. Die hat auch das Bauaufsichtsamt jetzt festgestellt, und fordert vom Vermieter die Erfüllung der Vorgaben — andernfalls droht Bußgeld.

Hans-Jochem Witzke wären drastische Maßnahmen lieber: "Die Stadt muss sich überlegen, wie es in dem Viertel weitergeht. Wenn Hochhäuser keine Perspektive haben, müssen sie zurückgebaut werden."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort