Heerdt Kreative im Industriegebiet

Heerdt · Die Wiesenstraße in Heerdt ist für viele nur ein Industrieviertel mit einem mitunter etwas morbiden Charme. Sie bietet aber noch sehr viel mehr. Dort haben sich künstlerische Unternehmen angesiedelt – Tendenz steigend.

Die Visitenkarte ist schlicht und würde nicht weiter auffallen, wenn unter dem Namen nicht auf einmal die Bezeichnung "Boss" aufblitzen würde. Martin Schmidt ist – übersetzt – Inhaber der Musikschule "klang-vol" an der Wiesenstraße 72. Vor rund zwei Jahren hat er die Schule für Pop, Rock & Jazz in einem historischen kleinen Häuschen untergebracht, in dem früher Mitarbeiter der dort ansässigen Porzellanfabrik ihre Lohntüten abholten.

Ein Ort des Glücks also. Daran hat sich nicht viel geändert, kommen doch heute Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen zum fröhlichen Musizieren hierher. Im Büro direkt nebendran kümmert sich seine Lebensgefährtin Sabrina Müller um ihren Onlineshop "definitions-sache", über den sie Besonderes anbietet. Das Paar ist am Standort Heerdt glücklich: "Unsere Arbeitsstätte ist eigentlich unser Zuhause, hier verbringen wir die meiste Zeit", sagt Müller und ergänzt: "Abends grillen wir schon mal mit der Nachbarschaft, lassen uns in einem ehemaligen Pförtnerhäuschen, dem heutigen Suppenwerk, kulinarisch verwöhnen oder gehen zu Vorlese-Events von Sprecherin Franca Pilz."

Warum sich nun ausgerechnet auf dem Industrie-Terrain an der Heerdter Wiesenstraße viele Kreative zusammenfinden, mag sich aus einer Mischung aus den Immobilienpreisen, der günstigen Verkehrsanbindung und der Nähe zum jeweils anderen erklären lassen. Es ist zwar ein altes Industrieviertel mit teils düsteren Ecken, hat aber enormes Entwicklungspotential.

"Dazu kommt, dass Heerdt nicht so im Fokus steht, wie der Medienhafen, das macht es in gewisser Hinsicht angenehmer", sagt Ingo Köthschneider von der Firma Canonicus. Er ist mit seiner Frau Frauke und der Idee der individuellen Kochkultur nach 15 Jahren in Gerresheim nach Heerdt in ein großes Loft über der Kletterhalle umgesiedelt, in dem auch der Künstlerbedarf Bösner seinen Sitz hat.

In der Tat ist der Blick durch riesige Panorama-Fenster aus luftiger Höhe auf das Heerdter Hafenviertel beeindruckend. Zunehmend schätzen und nutzen Unternehmen dieses Ambiente, die dort Räumlichkeiten zum kreativen Austausch mieten oder auch einfach nur so zu Koch-Veranstaltungen kommen – wie bald zu einem Trüffeldinner.

Eine, die Heerdt schon seit rund elf Jahren die Treue hält, ist Tatjana Jarosch. Mit ihrem Team im Dekocenter Set Jet kümmert sie sich um die Gestaltung und Durchführung von kleinen und großen Events und gibt Heerdt die vielleicht passendste Beschreibung. "Der Stadtteil sei 'cosy', sagt sie. Übersetzt aus dem englischen heißt das so viel wie "behaglich/niedlich".

(RP)
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