Oberkassel/Stadtmitte Kunst als Sprachrohr für Sozialkritik
Oberkassel/Stadtmitte. · Karin Flörsheim ist empört. Die 83-jährige Oberkasseler Künstlerin regt sich über soziale Ungerechtigkeit auf. Als viele Nordafrikaner im vergangenen Jahr vor sozialen Unruhen aus ihren Heimatländern flohen und in alten Booten die italienische Insel Lampedusa ansteuerten, war die Seniorin entsetzt.
"Kriminell, wie die Schleuser den armen Menschen auf kaputten Booten die Freiheit versprachen", sagt sie aufgebracht. "Und unsozial, dass die Europäische Union die Flüchtlinge hinter Stacheldraht einsperrte." Die Bildhauerin und Lyrikerin, die in den 1950er-Jahren bei Otto Piene an der Kunstakademie Düsseldorf studierte, verarbeitete ihre Empörung zu einem Kunstobjekt. Zusammen mit Tochter Daniela zeigt Karin Flörsheim die Installation "Travel of no Return" und andere Werke noch bis morgen in "The Box", Duisburger Straße 97.
Aus weißem Kunststoff formte Karin Flörsheim maskenhafte Gesichter, die den Betrachter mit großen, erschrockenen Augen anzusehen scheinen. Diese Figuren setzte sie dicht aneinander in kleine, selbst gebaute Boote. "Ich möchte zeigen, wie die Menschen auf diesen Kähnen zu Gott beteten, gesund in eine neue Heimat zu kommen." Tochter Daniela, selbst Beuys-Schülerin, fragte sich, wie sie die Werke ihrer Mutter noch in der Aussagekraft stärken könnte. Sie baute aus Zweigen und Tuch ein Segel und eine Fischreuse, die sie mit Zitaten aus dem Roman "Ulysses" beklebte. Dass Mutter und Tochter zusammen ausstellen, ist etwas Besonderes für sie. "Als Künstlerinnen sind wir beste Freundinnen", sagt die Tochter. "Wenn wir an einem Projekt arbeiten, kommt immer etwas Kraftvolles dabei heraus." Für die Mutter ist wichtig, durch ihre Werke soziale Schieflagen zu kritisieren. "Ich empöre mich durch Kunst. Kreativität ist mein Sprachrohr."
Auch für Reimund Jonen, Betreiber von "The Box", ist die Flörsheim-Ausstellung außergewöhnlich. "Daniela Flörsheim ist eine der wenigen Beuys-Schülerinnen, die noch kontinuierlich arbeitet."
