Lierenfeld Auf zehn Achsen quer durch die Stadt

Lierenfeld · Zwei Jahrzehnte lang lenkte Georg Weißgerber Straßenbahnen durch Düsseldorf. Heute koordiniert er die Einsätze des Fahrpersonals der Rheinbahn von seinem Arbeitsplatz in Lierenfeld aus. Ein Besuch.

Georg Weißgerber in einer Straßenbahn auf dem Geländes des Betriebshofes in Lierenfeld.

Georg Weißgerber in einer Straßenbahn auf dem Geländes des Betriebshofes in Lierenfeld.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Georg Weißgerber ist gerne unterwegs. Mobilität aller Art fasziniert ihn. Und alles, was Räder hat. "Das Beste jedoch ist", sagt der 55-Jährige, "ein Fahrzeug selbst lenken zu dürfen". Und das kann für Weißgerber nicht groß genug sein.

1989 bewarb sich der gelernte Kraftfahrzeugmechaniker daher bei der Rheinbahn: "Durch eine Anzeige an einer Haltestelle wurde ich auf die Einstiegsmöglichkeit als Fahrer aufmerksam. Zuhause angekommen schrieb ich sofort meine Bewerbung." Und weil er damals weder einen Lkw-, noch einen Busführerschein besaß, wurde er in der hausinternen Fahrschule auf das Führen von Straßenbahnen vorbereitet: "Das setzte damals noch nicht einmal einen Pkw-Führerschein voraus."

Angefangen hat er, wie damals alle Fahrer, in einer der alten, gelben Bahnen mit roter Bauchbinde, einer Bahn der Baureihe GT6. Hergestellt in den Jahren 1956 bis 1965, tragen die heute den markanten Beinamen "Kurbelbahn", weil der Fahrer das Anfahren und Bremsen des Zuges am Gerätebrett des Führerstandes mit einer Drehkurbel regelte. Und auch wenn Weißgerber stets mit der Zeit geht und sich für alle technischen Neuerungen interessiert: "Diese alten Bahnen besaßen neben einem Tacho nur eine Handvoll Knöpfe um Scheibenwischer, Licht und Türen bedienen zu können." Die Einfachheit dieser mittlerweile nostalgischen Bahnen fasziniere ihn bis heute. Die letzten Züge dieses Typs musterte die Rheinbahn 2003 aus, nachdem diese im Zuge der Euro-Umstellung sogar noch aktuelle Fahrkartenautomaten erhalten hatten. Viele der aussortierten Wagen fanden in den 1990er- und 2000er-Jahren eine neue Heimat bei der Straßenbahn Stettin oder im polnischen Posen.

Computergestützt hingegen fahren in Düsseldorf heute die aktuellen Bahnen des Typs NF10 und NF8U, dessen Triebwagen speziell für den Einsatz auf der Wehrhahn-Linie konstruiert wurden. "Das Cockpit ist hochmodern, die Anzahl der Bedienelemente um ein Vielfaches höher", sagt Weißgerber, der auch diesen Wagentyp begeistert steuert. Unter anderem mit einem modernen GPS ausgestattet, erkennen die Fahrer heute sekundengenau, wie sie im Zeitplan liegen. Sender übermitteln den an Haltestellen wartenden Fahrgästen via Anzeige unmittelbar, wann die nächste Bahn kommt. Doch noch mehr als die Technik begeisterte Weißgerber stets das Fahren selbst. Und ganz speziell die Wochenenddienste und Frühschichten hatten es dem Fahrer angetan, der bis 2009 die Linien aktiv durch die Stadt gelenkt hat und seither als Disponent auf dem Betriebshof Lierenfeld arbeitet: "Aufgestanden bin ich morgens um 2.30 Uhr, um gegen 4 Uhr mit einer der ersten Bahnen den Betriebshof zu verlassen." Und während die erste Fahrt Richtung Endhaltestelle meist nur wenige Fahrgäste transportierte, so nahm die Zahl der Reisenden spätestens mit dem frühen Anbrechen des Tages zu. "Es ist herrlich zu sehen, wie die Sonne aufgeht und dann zu erleben, wie die Stadt langsam erwacht", schwärmt der Unterrather, der - eingesetzt auf allen Routen - bis heute die Linienwege aller Bahnen auswendig kennt. Selbst nach Integration der Wehrhahn-Linie weiß der passionierte Fahrer um die aktuellen Wege der einzelnen Züge.

Im Betriebshof Lierenfeld, aus dem täglich rund 110 Bahnen und weitere 118 Busse in die Stadt aufbrechen, koordiniert er heute die Einsätze des Straßenbahnpersonals. Und auch, wenn Weißgerber als Straßenbahnfahrer in 20 Jahren keine Lieblingsstrecke entwickelte - einen markanten Ort, der insbesondere für Straßenbahnfahrer von großer Bedeutung war, vermisst er doch: "Ich habe es damals geliebt, unter dem Tausendfüßler in die Wendeschleife am Jan-Wellem-Platz zu fahren." Zu seinen Hochzeiten bestand der Haltepunkt aus acht Bahnsteigen und drei Bussteigen. Es führten bis zu 15 Straßenbahnlinien und vier Buslinien über den Platz in der Innenstadt, im Schnitt fuhr hier zur Hauptverkehrszeit alle 30 Sekunden eine Bahn.

(RP)
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