Lörick Ehepaar lebt glücklich im "Dorf"

Lörick · Marianne und Helmut Schnass sind seit 65 Jahren ein Ehepaar. Kürzlich feierten sie im Familien- und Freundeskreis ihre Eiserne Hochzeit. Ihr ganzes Leben blieben sie der Heimat treu.

 Das Ehepaar Schnass am 13. September 1951, dem Tag der Hochzeit.

Das Ehepaar Schnass am 13. September 1951, dem Tag der Hochzeit.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Zu der Zeit, als Landwirte und Pferdekutschen das dörfliche Leben in Lörick prägten, als es noch Rheinfischer und das produzierende Gewerbe "hinter der Bahn" an der Hansaallee gab, wurde Helmut Schnass geboren. Seine Eltern betrieben eine Gastwirtschaft, die damals ganz selbstverständlich zu einem Bauernhof gehörte. So hieß sie dann auch "Zum Bauernhaus Bernhard Schnass" und lag direkt an der "Lotharstraße", aus der später die Oberlöricker Straße wurde. "Wir hatten viele Gäste aus der Stadt, die nach einem Spaziergang durchs damalige Löricker Wäldchen, das sich gegenüber unserem Lokal auf der anderen Straßenseite befand, bei uns einkehrten", sagt Schnass. Es gab aber noch etwas, das die Gäste zu schätzen wussten: "Wir hatten eine Toilette mit Wasserspülung und auch einen Münzfernsprecher." Sämtliche Dorffeste, ja auch Theatervorstellungen gingen dort über die Bühne. "Ich habe als Kind gern zugeguckt." Und jeden Sonntag gab's Tanz. Aber nicht etwa dort hat er seine Marianne kennengelernt, sondern erst 1948 in einem Löricker Club. Den Festsaal gab es da schon nicht mehr.

 Elternhaus mit Festsaal: vorne Oberlöriker- seitlich Hubert-Hermes-Straße.

Elternhaus mit Festsaal: vorne Oberlöriker- seitlich Hubert-Hermes-Straße.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Denn 1933, als Hitler die Macht übernahm, erstarb die Festlichkeit im Bauernhaus. "Jetzt gibt's Krieg", habe die Mutter weinend gesagt. Sechs Jahre später sollte es dann wahr werden. Der Saal wurde zur Unterkunft für russische, später italienische Gefangene, die bei Böhler arbeiten mussten. Und dann wurde auch noch Sohn Helmut als 17-Jähriger eingezogen, nach Bayern verfrachtet und geriet dort zum Schluss in amerikanische Gefangenschaft. 1943 wurde das Ende der Familien-Tradition eingeläutet. "Beim Abschuss eines mit Brandbomben beladenen Flugzeugs wurden Gaststätte und Saal getroffen. Über Nacht war alles weg", erinnert sich Schnass.

 Marianne und Helmut Schnass vor dem Elternhaus, in dem noch Familienangehörige wohnen. Rechts befand sich einst der Tanzsaal.

Marianne und Helmut Schnass vor dem Elternhaus, in dem noch Familienangehörige wohnen. Rechts befand sich einst der Tanzsaal.

Foto: H.-J. Bauer

Ein Unglück, das sich für ihn als Glücksfall erwies. "Ich musste kein Gastwirt werden, sondern konnte meinen Beruf frei wählen." Der Ausbildung zum technischen Zeichner folgte ein Maschinenbau-Studium. Während dieser Zeit lernte er Marianne kennen, die gelernte Schneiderin aus Derendorf, Urenkelin des bekannten Kupferstechers und Mitbegründers des Malkastens, Adam Goswin Glaser. "Ihre Familie war ausgebombt und in einem Löricker Notquartier untergekommen." Ein Freund habe sie ihm vorgestellt und "gleich war es um mich geschehen". Bis bei ihr der Funke übersprang, dauerte es allerdings eine Weile. "Ich musste kämpfen." Als er dann seine Ausbildung zum Ingenieur beendet hatte, heiratete das Paar am 13. September 1951, ein Jahr später kam Sohn Jürgen zur Welt. "Wir waren arm wie die Kirchenmäuse." Doch dann fand er eine Anstellung in einem Neusser Unternehmen und stieg bis zum Direktor auf, 1989 wurde er pensioniert.

Nachdem ihm die Eltern ein Grundstück geschenkt hatten, zog die vierköpfige Familie, 1961 war noch Tochter Christiane dazugekommen, 1975 in ihr Haus an der Hubert-Hermes-Straße (früher Gärtnerstraße). Dort lebt das hochbetagte Ehepaar noch heute selbstständig, die Kinder wohnen in Reichweite. Obwohl Marianne Schnass nach einem Schlaganfall an den Rollstuhl gefesselt ist, hält sich das Ehepaar geistig jung und rege. "Wir unternehmen Spaziergänge, gehen ins Theater und in die Oper."

(RP)
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