Mörsenbroich Mormonen - noch immer vielen fremd

Mörsenbroich · Seit 50 Jahren haben die Mormonen im Herzen von Mörsenbroich ein Zentrum. Viele Nachbarn wissen aber gar nicht, was dort stattfindet. Ein Tag der offenen Tür soll da helfen.

 Gemeindemitglied Verena Holtz steht vor ihrer Kirche. Heute von 16 Uhr an laden die Mormonen zu einem Tag der Offenen Tür in ihr Gemeindezentrum.

Gemeindemitglied Verena Holtz steht vor ihrer Kirche. Heute von 16 Uhr an laden die Mormonen zu einem Tag der Offenen Tür in ihr Gemeindezentrum.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Vielleicht ist es ja ein Phänomen der Großstadt, erklärbar ist es jedenfalls nicht, dass die meisten Düsseldorfer wenig über die Mormonen wissen, obwohl sie in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft leben. Seit 50 Jahren hat die Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage (Mormonen) nun ihr Gemeindezentrum mitten in Mörsenbroich am Mörsenbroicher Weg 184 - ein unbekanntes Terrain. Das mag aber auch daran liegen, dass die rund 350 Gemeindemitglieder vielfach nicht im Stadtteil leben, sondern aus ganz Düsseldorf und dem Umland stammen. Außerdem baut natürlich Unwissenheit Distanz auf. "Das mache ich aber niemanden zum Vorwurf, denn ich kenne mich ja auch nicht mit Religionen, die nur wenige Mitglieder in Deutschland haben, aus", sagt Verena Holtz. Sie ist Mitglied der Gemeinde und Beauftragte für den interreligiösen Dialog.

Holtz betont immer wieder die Freiwilligkeit ihrer Religion. Deren Mitglieder sollen ein Zehntel ihres Einkommens an die Kirche abtreten und möglichst eine Familie gründen. "Aber wie jeder das umsetzt, ist seine persönliche Entscheidung", sagt Holtz. Die Familien in ihrer Gemeinde seien nicht anders oder größer, sondern würden eigentlich die Gesellschaft von Düsseldorf widerspiegeln. Und Vielehen, die früher praktiziert wurden, seien inzwischen von ihrer Kirche verboten. "Das gehört zu unserer Geschichte dazu, deshalb werden wir leider damit noch immer in Verbindung gebracht." Kaffee, Tee, Alkohol, Rauchen und Drogen sind genauso wie Sex vor der Ehe verboten. "Leider wird immer der Fokus auf die Verbote gelegt, denn wir haben viele positive Gebote. So sind wir aufgefordert, uns gut zu ernähren, Dinge zu konsumieren, die der Jahreszeit entsprechen", sagt Holtz. Sie sieht das Jubiläum als gute Gelegenheit an, die Gemeinde und Religion bekannter zu machen. Deshalb laden die Mormonen heute ab 16 Uhr zu einem Tag der offenen Tür ein. Geboten wird eine Ausstellung und Führungen. Ab 18 Uhr wird Oberbürgermeister Thomas Geisel mit einem Grußwort den Festakt eröffnen. Frerich Görts, langjähriges Mitglied der Gemeinde und ehemaliger Bischof, wird die Festrede halten. Am Sonntag folgt um 11 Uhr ein Festgottesdienst.

Bis zum Bau des heutigen Gemeindehauses war es ein langer Weg. Anfang der 1920er Jahre traf sich die Mormonen in Privathäusern, 1925 mieteten sie Räumlichkeiten in der Worringer Straße 112. Dieses Gebäude wurde während des Krieges komplett zerbombt, so dass sich die Mormonen wieder in den Wohnungen von Mitgliedern trafen. Hier gab es aber zu wenig Platz, so dass für eine Weile der Gottesdienst im Lessing-Gymnasium in der Ellerstraße stattfand. 1958 wurde ein Gebäude an der Adresse Alt Pempelfort 15 erworben, das bald zu klein wurde. Deshalb wurde der Neubau in Mörsenbroich beschlossen. Zu der damaligen Zeit war es noch üblich, dass die Mitglieder der Kirche beim Bau der Gemeindehäuser mithalfen. 1963 gab es den ersten Spatenstich und 1966 wurde das Gemeindehaus geweiht. Neben den wöchentlichen Gottesdiensten, die jeden offenstehen, finden dort kulturelle Veranstaltungen, Sportaktivitäten und die Sonntagsschule statt. Aber auch nicht kirchlichen Gruppen werden die Räume zur Verfügung gestellt. Seit 45 Jahren probt dort etwa die Philharmonische Gesellschaft und zurzeit werden dort Sprachkurse für Flüchtlinge abgehalten. Historiker und Familienforscher besuchen regelmäßig das dortige Zentrum für Familienforschung. Denn die Mormonen haben sehr früh Archive mit Familiendaten angelegt, da es bei ihnen möglich ist, heilige Handlungen wie die Taufe im Nachhinein auch auf die verstorbenen Vorfahren anzuwenden.

(brab)
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