Oberkassel Auf den Spuren der Vergangenheit

Oberkassel · Der Verkehrs- und Verschönerungsverein besitzt eine Fülle an altem Bildmaterial. Archivar Ulrich Otte ist dabei, es zu ordnen.

 Ulrich Otte archiviert nicht nur Bilder, er ist auch selbst unterwegs, um Veränderung mit der Kamera zu dokumentieren.

Ulrich Otte archiviert nicht nur Bilder, er ist auch selbst unterwegs, um Veränderung mit der Kamera zu dokumentieren.

Foto: Andreas Endermann

Die Stühle sind zusammengeschoben, der Raum ist leer, ebenso die Wände, denn eine Ausstellung gibt es zurzeit nicht und auch die Musikreihe "Hot Club d'Oberkassel" hat Ferien. Einzig Ulrich Otte sitzt im Büro des Verkehrs- und Verschönerungsvereins (VVV) an der San-Remo-Straße und ist dabei, das umfangreiche Archiv zu ordnen und Foto für Foto zu digitalisieren. Eine Herausforderung für den 66-jährigen studierten Grafik-Designer, der so manche freie Stunde nutzt, die linksrheinische Vergangenheit zu konservieren.

Zu bewältigen ist dann auch eine Fülle an Material, vor allem Fotos, die aus der Sammlung des ehemaligen Oberkasseler Fotografen Peter Hubert Höltgen (1855-1914) stammen. "Ich habe die Aufgabe ein bisschen unterschätzt", gibt Otte zu. "Denn von Archiven hatte ich keine Ahnung, als mich der damalige VVV-Vorsitzende Fritz Aurin fragte, ob ich nicht Interesse hätte, das Vereinsarchiv zu betreuen." Die Aufgabe aber habe ihn gereizt, weil er ein Faible für die Fotografie habe und weil "Oberkassel mein Thema ist".

Fotos aus den Gründerjahren sind dann auch reichlich vorhanden, aber nach dem Zweiten Weltkrieg ist nur wenig dokumentiert. Vor allem aus den 50er, 60er, 70er Jahren gibt es nichts. Grund für ihn, an die einheimische Bevölkerung zu appellieren, doch in Familienalben zu stöbern, um vielleicht das eine oder andere Schätzchen aus dieser Zeit zu entdecken. "Es können auch Familienfotos sein", sagt Otte. "Ich scanne sie und gebe sie gleich wieder zurück." Es gehe um Szenen, die das Alltagsleben zeigen und nicht zuletzt um die Menschen von damals. "Angst, dass die Fotos der Großeltern, archiviert werden und in die Öffentlichkeit geraten, muss auch niemand haben, denn erst in Jahrzehnten werden die Fotos für die Nachwelt wieder interessant."

Seine Liebe zur Fotografie lässt Otte auch selbst zur Kamera greifen. Nicht nur zum Selbstzweck, sondern, um seiner Aufgabe als Archivar gerecht zu werden. "Ich kümmere mich um die Stadtentwicklung." Aktuell halte er nach, was im Linksrheinischen abgerissen und durch Neubauten ersetzt wird. Das betrifft auch Handwerksbetriebe, wie die Metzgerei Geerts, die es nicht mehr gibt und die er mit der Kamera dem Vergessen ebenso entreißt wie Schienenstränge, die ins Nirgendwo führen und ihre Funktion längst verloren haben. Aber auch Betriebe, die noch existieren, sind Ziel seiner Fototouren: Schreinerei Löffelsend, Spielwaren Hoppe oder der 100 Jahre alte Schlüsseldienst an der Belsenstraße, um nur einige zu nennen. "Damit für die Nachgeborenen die Vergangenheit sichtbar bleibt." Darüber hinaus fasziniert den Oberkasseler die Natur "fern des touristischen Blickes".

2009 wechselte der zweifache Großvater in den Ruhestand. Ein pralles berufliches Leben als Grafiker für die Stadt Düsseldorf liegt hinter ihm: Er hat das Bildarchiv der Stadt aufgebaut und ist Erfinder der "Düsselwelt", einer witzigen Ansichtskartenserie mit Motiven aus Düsseldorf, digital komponiert mit Ansichten aus aller Welt. Seine Düsseldorf-Fotos finden sich in vielen Bildbänden, bekannt sind vor allem seine Panoramabilder. Poster, Kalender, Flyer, Prospekte und Plakate - zum Beispiel für Bücherbummel, große Kirmes und Rheinuferpromenade hat er ebenfalls gestaltet. "Alle sind zu mir gekommen. Ich hatte den Himmel auf Erden", sagt er froh darüber, "eine so gute Zeit in Düsseldorf erwischt zu haben".

(RP)
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