Oberkassel Kunst vom Webstuhl

Oberkassel · Das Oberkasseler Künstler-Ehepaar Barbara Esser und Wolfgang Horn entwirft individuelle Textilkunst von Hand am Schaftwebstuhl. Die Werke sind bei internationalen Ausstellungen gefragt.

 Beim Weben arbeiten Barbara Esser und Wolfgang Horn Hand in Hand.

Beim Weben arbeiten Barbara Esser und Wolfgang Horn Hand in Hand.

Foto: Andreas Endermann

Er ist nicht zu übersehen: Ein Webstuhl mit gewaltigen Ausmaßen steht mitten in der Atelier-Werkstatt. Diese Präsenz entspricht seiner Wertigkeit. Schließlich ist dieser von Hand betriebene Schaftwebstuhl für Barbara Esser das Arbeitsgerät, das es ihr ermöglicht, individuelle Textilkunst herzustellen. Zudem ist er eine Einzelfertigung aus der Schweiz und etwa so viel wert wie ein Kleinwagen.

Seit 1993 steht er in der Atelier-Werkstatt am Fürstenplatz. "Es war nicht einfach, einen passenden Raum zu finden", erinnert sich Barbara Esser. Sie arbeitet mit ihrem Mann Wolfgang Horn zusammen und betont, dass Oberkassel ihr Lebensmittelpunkt ist. Dort leben sie seit 21 Jahren, und auch die drei Kinder sind hier verwurzelt. Alle haben das Cecilien-Gymnasium besucht und zwei von ihnen dort bereits ihr Abitur gemacht. Neben der Familie ist der kreative Beruf ein enges Bindeglied.

Als Textil-Designerin, die unter anderem mit dem Staatspreis für das Kunsthandwerk in NRW ausgezeichnet wurde, ist es Barbara Esser und dem aus der Architektur kommenden Wolfgang Horn gelungen, sich als Textilkünstler einem speziellen Bereich der Kunst zu widmen. Auszeichnungen gab es auf mehreren Ebenen, und einige NRW-Museen haben Arbeiten gekauft. All diese Werke - auch die im In- und Ausland gezeigten - werden an dem Webstuhl angefertigt.

Hier arbeitet das Künstlerpaar ebenfalls Hand in Hand. "Bis der Webstuhl für eine spezielle Arbeit bestückt ist, dauert es rund zwei Monate", erzählt Barbara Esser. Wolfgang Horn hilft beim Einfädeln der mercerisierten Baumwollgarne: "Wir schaffen vier bis fünf Zentimeter pro Tag. Das Fertigen von individuellen Arbeiten ist gefragt, und wir freuen uns, dass handgefertigte Webstoffe auch in privaten Kunstsammlungen geschätzt werden. Die Herstellung eines Webstoffes vergleichen wir mit dem Herstellen eines hochwertigen Instruments - beides wird an besondere Menschen übergeben. Allerdings wird nur noch in Klein-Fabrikation hergestellt - wie hier bei uns." Deshalb sei es auch nicht so einfach, die entsprechenden Garne zu bekommen.

Dass Barbara Esser aber Auftragsarbeiten erhält und die Werke der Künstler auch bei internationalen Ausstellungen gefragt sind, ist ein gutes Zeichen.

Und es ist Anreiz, auch in Zukunft die Fadenverläufe entweder am Rechner oder auf dem Papier bis ins Kleinste auszurechnen und auszuzählen, wie viele Fäden von der Garnrolle jedes Fachs des Kettbaums - es gibt über 300 Spulen - für eine Kette benötigt werden. "Hier sind es 5144 Fäden", erklärt die Textil-Designerin den aktuellen Vorgang an einer Arbeit, die 2017 ausgestellt werden soll. Und sie ergänzt: "Das eigentliche Weben muss in einem fließenden Verlauf stattfinden - vom Anfang bis zum Ende." Wolfgang Horn, der ihr zur Seite steht, ist aber auch als Kurator gefragt, hat unter anderem eine Werkschau von Jörg Wiele im linksrheinischen Verkehrs- und Verschönerungsverein (VVV) an der San-Remo-Straße arrangiert und war mehrere Jahre kontinuierlich in die ehrenamtliche Kulturarbeit des Vereins eingebunden.

Mit anderen Liebhabern dieser Handwerkskunst freuen sich Barbara Esser und Wolfgang Horn auf eine Zukunft, in der am Webstuhl angefertigte Textilien so gewürdigt werden, wie es einer der ältesten Techniken der Herstellung von textilen Gebilden zusteht.

(RP)
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