Pempelfort/Derendorf Seniorinnen testen Barrierefreiheit

Pempelfort/Derendorf · "Mobil im Quartier" ist der Titel des Films, der im Rahmen eines Projekts des Zentrum Plus in Derendorf entstanden ist. Ältere Damen, die auf einen Rollator angewiesen sind, berichten darin von ihren Erfahrungen rund um die Nordstraße.

 Irmgard Rautenberg (l./79) und Hildegard Langosch (92) freuen sich über die Bank auf der Nordstraße, die zum Ausruhen einlädt.

Irmgard Rautenberg (l./79) und Hildegard Langosch (92) freuen sich über die Bank auf der Nordstraße, die zum Ausruhen einlädt.

Foto: Andreas Endermann

Die 79-jährige Irmgard Rautenberg und die 92-jährige Hildegard Langosch mögen vielleicht nicht mehr die Jüngsten sein, zum alten Eisen zählen die Freundinnen sich deswegen aber noch lange nicht. Und auf einen Bummel über die Nordstraße, die zentrale Einkaufsstraße im Stadtviertel, wollen sie erst recht nicht verzichten. Es gibt ja Rollatoren, mit denen sich auch Seniorinnen, die in ihrer Mobilität zwar eingeschränkt, im Kopf aber noch helle sind, fortbewegen können - wenn andere denn mitdenken, was offenbar nicht immer der Fall ist.

Irmgard Rautenberg und Hildegard Langosch besuchen regelmäßig das Zentrum Plus in Derendorf an der Klever Straße, nur einen Katzensprung entfernt von der Nordstraße. Als Mitarbeiterin Kirsten Schulte-Frohlinde die beiden ansprach, ob sie nicht an einem Projekt über die Tücken des Alltags von in der Bewegung eingeschränkten Menschen mitwirken wollten, zögerte das Duo nicht lange. Mit weiteren Freiwilligen wurde die Nordstraße auf negative wie positive Eigenschaften inspiziert, ein Experiment, das vom Zentrum Plus im Vorjahr bereits an anderen Standorten durchgeführt wurde. Schulte-Frohlinde jedoch hat es nun für die Nachwelt festgehalten: Es wurden Fotos von allen neuralgischen Stellen gemacht, ein O-Ton wurde eingespielt und das zusammengeschnittene Ergebnis auf DVD gebrannt.

"Es hat sich gezeigt, dass die mitwirkenden Damen sehr froh waren, von ihren Alltagserfahrungen berichten zu dürfen", bilanziert Schulte-Frohlinde. Und dabei sei keineswegs alles schlecht gewesen: "Es wurde von den Damen zum Beispiel berichtet, dass sie ihre Mitmenschen mehrheitlich als sehr hilfsbereit wahrnehmen." Man sieht in dem Film auch immer wieder Aufnahmen, die zeigen, wie dankbar die Testerinnen sind, wenn sich auf der Straße oder in einem der Läden eine Sitzbank befindet, die dazu einlädt, sich kurz auszuruhen.

Die negativen Punkte sind in der Regel allgemein bekannt, aber immer noch allgegenwärtig im Stadtbild, ebenso an der Nordstraße: Stufen, die Nutzer von Rollatoren oder gar Rollstuhlfahrer nicht selten daran hindern, in ein Geschäft oder auch in eine Praxis zu gelangen; Pflaster auf dem Bürgersteig, in dem der Rollator hängenbleibt; Türen, die sich nur nach außen öffnen lassen und daher von Senioren, die auf Hilfsmittel angewiesen sind, sehr schwer zu öffnen sind; Busse, die nicht nah genug an die Fahrbahnkante fahren, so dass kein barrierefreier Einstieg möglich ist; Aufbauten vor Geschäften, die zur großer Enge auf dem Fußweg führen.

"Meist sind es nur Kleinigkeiten, die sich leicht beheben ließen. Für eine kleine mobile Rampe ist beispielsweise fast immer Platz", erklärt Schulte-Frohlinde. Auch das Aufstellen von öffentlichen Toiletten sei für Senioren wichtig. Zudem mangele es bisweilen an Informationen über geeignete Wege, Orte und Zugänge für Menschen mit Rollator oder Rollstuhl.

Wer sich notfalls auch ohne Rollator in ein Geschäft begibt und das Fahrgerät kurz vor der Tür parken will, wird neuerdings immer öfter negativ überrascht, denn der Rollator gilt als zunehmend beliebtes Diebesgut. Schulte-Frohlinde: "Die können heutzutage bis zu 1000 Euro kosten."

(RP)
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