Derendorf Spezialisten arbeiten in luftiger Höhe

Derendorf · Der Turm der Herz Jesu-Kirche wird saniert. Das Baudenkmal hat durch Umwelteinflüsse stark gelitten. Steinmetze aus Köln bearbeiten die neugotischen Zier-Elemente des Gotteshauses teilweise direkt auf der Turmspitze.

 Das Oktogon des Kirchturms ist bereits fertiggestellt. Kirchenvorstand Peter Schmitz schätzt, dass die Sanierung noch bis zu zwei Jahre dauert.

Das Oktogon des Kirchturms ist bereits fertiggestellt. Kirchenvorstand Peter Schmitz schätzt, dass die Sanierung noch bis zu zwei Jahre dauert.

Foto: Schaller

Über den Dächern von Derendorf spielen sich derzeit Szenen wie im Mittelalter ab: In 80 Metern Höhe bearbeiten Steinmetze Gesteinsbrocken aus Tuff oder Muschelkalk, die mit neugotischen Elementen wie etwa Kreuzrosen verziert sind. Die vier Handwerker sind Experten ihres Fachs, sie arbeiten für eine Kölner Spezialfirma. Ihr Auftrag ist die Sanierung des Turms der neugotischen Pfarrkirche Herz Jesu an der Roßstraße. Der war baufällig, was nur durch Zufall vor drei Jahren entdeckt wurde: "Als die Musiker zum adventlichen Turmblasen auf die Galerie gingen, fanden sie dort mehrere Steine, die aus dem Gemäuer heruntergefallen waren", berichtet Peter Schmitz vom Kirchenvorstand. Eine erste Bestandsaufnahme eines Steinmetzes kam zu dem Ergebnis, dass sich Zier-Elemente aus Naturstein gelockert hätten. Das Neusser Architekturbüro Maier-Lamers, das anschließend den Zustand des Turms analysierte, fand allerdings heraus, dass die Schäden noch weit umfangreicher waren als angenommen: Neben maroden Stellen in den Zier-Elementen des Oktogons erwiesen sich auch die wichtigen Stützbogen als erheblich beschädigt. Und auch die vier Fialen, die schlanken verzierten Säulen, waren erheblich einsturzgefährdet. Der Grund: Sie bestehen zum Teil aus Tuffstein. Und der war über die Jahrzehnte hinweg durch Witterungseinflüsse porös und brüchig geworden. "Das Problem war, dass ausgerechnet der Sockel der Fialen aus Tuff bestand. Darüber war der härtere Muschelkalk verbaut. Umgekehrt wäre es besser gewesen", sagt Schmitz. Damit nicht genug – auch das Mauerwerk im Innern erwies sich als schadhaft, weil jahrzehntelang Regenwasser zwischen die äußere Zierverkleidung und das stabilisierende Mauerwerk gedrungen war.

Die Sanierungsarbeiten haben im Frühjahr 2011 begonnen. Inzwischen ist vom Turm der Kirche nichts mehr zu sehen, denn er ist von oben bis unten eingerüstet. Daneben erhebt sich ein gleichhoher Portalkran, der die maroden Steinelemente und -quader nach unten bringt beziehungsweise nach oben hievt. Denn die meisten der Steinmetzarbeiten werden in Köln, dem Sitz der beauftragten Firma, erledigt. Doch liegen auch zahlreiche Steinelemente unten vor dem Turm, fein säuberlich aufgestapelt und nummeriert. "Nicht anders haben das auch die Handwerker im Mittelalter beim Bau der großen Kathedralen gemacht", sagt Schmitz.

Und auch oben wird kräftig gehämmert und gemeißelt. "Der Turm ist nicht ganz symmetrisch, die Abweichung beträgt bis zu 14 Zentimeter", berichtet Schmitz. "Deswegen können einzelne Elemente von den Steinmetzen nur oben direkt am Ort angepasst werden." Das Oktogon aus Tuff ist inzwischen komplett ausgewechselt worden. Nächste Woche soll die letzte der vier Fialen aufgesetzt werden. Diese konnten übrigens aus statischen Gründen nur nacheinander saniert werden. Schmitz: "Sonst wäre da oben alles zusammengebrochen." Eine einzelne dieser Säulen wiegt allein 288 Tonnen. Wenn die äußere Sanierung von Fialen, Oktogon und Stützpfeilern fertiggestellt ist, wird der Turm komplett neu verfugt. Das innere Mauerwerk ist zuvor bereits mit Edelstahl-Ankern neu befestigt worden.

Anschließend müssen noch einzelne marode, aber nicht tragende Elemente ausgetauscht werden. Die Steinmetze arbeiten nach einem historischen Foto sowie einer eigens angefertigten Zeichnung des Architekturbüros. Teilweise aber behauen sie – fachkundig – die Steine nach eigenen Vorstellungen. Schmitz: "Diese Kunst beherrschen nicht viele Firmen hierzulande."

(RP)
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