Düsseldorf Die Lichtburg leuchtet immer noch

Stadtmitte · Vor zehn Jahren schloss das Kino an der Kö für immer. Carsten Breuer hat die Leuchtreklame gerettet. Und viele Geschichten.

 Carsten Breuer mit dem unschwer zu erkennendem "H" aus der Lichtburg. Die Schrift ist damals eigens für die Königsallee designt worden.

Carsten Breuer mit dem unschwer zu erkennendem "H" aus der Lichtburg. Die Schrift ist damals eigens für die Königsallee designt worden.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Manchmal bekommt Carsten Breuer noch diese Anrufe. Da fragen dann Leute nach dem aktuellen Programm in der Lichtburg, ob er denn "Die Mannschaft" zum Beispiel spiele, und wenn Breuer dann sagt, dass jenes Kino auf der Königsallee bereits seit zehn Jahren geschlossen ist, dann wundern sich die Menschen.

Zum einen natürlich, weil die Zeit so schnell vergeht - war man wirklich zehn Jahre nicht mehr im Kino? Zum anderen aber auch darüber, dass es diesen Traditionsbetrieb auf der Edelmeile der Landeshauptstadt nicht mehr gibt. Obwohl sich natürlich jeder denken kann, woran es gelegen hat.

Doch wollen wir das nicht mehr aufgreifen, nicht mehr reden von Immobilienpreisen, betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten. Auch wenn Breuer, der letzte Theaterdirektor in der Lichtburg, noch ein bisschen mit allem hadert. Er liebte die Lichtburg, heiß und innig, "es war die beste Zeit meines Lebens", sagt er. Und dass nicht nur er das so sieht, wird wohl am ehesten daran deutlich, dass sich die Kinoleute von damals auch heute noch regelmäßig treffen, um die Lichtburg zu feiern. Besonders zu Jubiläen.

In diesem Monat ist die Lichtburg seit zehn Jahren geschlossen, da treffen sie sich wieder: Kartenabreißer, Eisverkäufer, Popcornplopper und Filmvorfürer, die sie alle mal waren. Breuer hat damals aus der Lichtburg gerettet, was zu retten war. Unter anderem eben auch die Leuchtreklame des Kinos. Er will sie verkaufen, hat sie bei Ebay eingestellt, "seit zehn Jahren verstaubt sie in meinem Keller, vielleicht findet sich ein Liebhaber, der sie haben will", sagt Breuer. Leicht fällt ihm das nicht.

Niemals würde er allerdings die Plakate abgeben, die er damals rettete. Handgemalte Filmplakate, die zum Vorschein kamen, als die Bauarbeiter die Wände einrissen. Hinter den Regips-Platten hatten die Arbeiter die Plakate offenbar als Dämmung an die Wände genagelt. Schnell gemalte Hollywood-Stars, deutsche Dramatiker, Liebe, Spannung und ein bisschen Sex. So versuchten die Plakatmaler damals, ihr Publikum in die Kinos zu bekommen. Breuer mag diesen alten Kram, er sammelt auch andere Originale aus dem vorigen Jahrhundert. So hängt in seiner Vergolder-Werkstatt in Pempelfort eine Persil-Leuchtreklame aus den Siebzigern. Manche der Filmplakate hat er dem Filmmuseum überlassen.

Unwiederbringlich verloren aber ist der Rundbogen der Lichtburg aus den 1930er Jahren, der während der Umbauarbeiten ebenfalls zum Vorschein kam. "Den haben die Bauarbeiter einfach weggeklopft. Kurz vorher war noch jemand vom Denkmalamt da gewesen", sagt Breuer. Der damalige OB Joachim Erwin habe aber interveniert und vollendete Tatsachen geschafft. "Das Denkmalamt hielt sich einfach raus", sagt Breuer. Er hat eine Internetseite über die Lichtburg geschaltet. Auf www.lichtburg-koe.de wird die Geschichte des Kinos seit der Inbetriebnahme im Jahr 1910 aufgearbeitet.

Damals hieß das Kino noch "Lichtspiele" eine Zeitungsanzeige pries es als das "schönste Kinematographen-Theater Deutschlands". Das damalige Programm: ein Film über die Ruinen von Karnak, die Wochenschau und "Gesangsvorträge von Enrico Caruso". Breuer hat auch die Geschichte des Kinos in den 1930er Jahren dokumentiert und recherchiert. 1931 hatte Moritz Levine das Haus übernommen, 1933 jedoch wurde es schnell arisiert, und von den neuen Besitzern bis in die 1960er Jahre bespielt. Erst danach betrieb der jüdische Besitzer das Kino wieder. Es wurde in den nachfolgenden Jahrzehnten mehrfach umgebaut, bekam ein Café, moderne Technik, überstand den Video-Boom und selbst die Anfänge des Internets und der Home-Kinos Anfang dieses Jahrhunderts. Dem Immobilienboom allerdings war die Lichtburg nicht gewachsen.

15 000 Unterschriften hatte das Team 2004 gesammelt, Diskussionen geführt, Bürger beteiligt - doch alles half nicht. Am 29. Dezember 2004 schloss das Kino. Lediglich eine Plakette, die 2005 in den Gehweg eingelassen wurde, erinnert noch an die Lichtburg. Die Leuchtreklame immerhin funktioniert noch. Teils zumindest, sagt Breuer.

(RP)
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