Stadtmitte Generation Baustelle

Stadtmitte · Justus Brümmer ist Mitglied des Jugendrates mit Sitz in der Bezirksvertretung. Der 16-jährige Schüler hat die Stadt immer nur als einen Ort von Großprojekten wahrgenommen. Ein Leben als Politiker kann er sich nicht vorstellen.

 Justus Brümmer besucht das Humboldt-Gymnasium. Er möchte Jugendlichen eine Stimme geben.

Justus Brümmer besucht das Humboldt-Gymnasium. Er möchte Jugendlichen eine Stimme geben.

Foto: tt

Justus Brümmer hat Pause. Er sitzt in der Sonne vor dem Café Olio, dem letzten Überbleibsel des alten Derendorfer Güterbahnhofs. Hier schaut er auf das neue Düsseldorf, die neuen Wohntürme des Quartiers Central, Grünanlagen aus einem Guss, Spielplätze, gepflasterte Wege. "Seit ich denken kann, ist Düsseldorf eine Baustelle. Wir sind damit aufgewachsen", sagt er. Wir, das ist seine Generation, und es mag den Älteren nicht bewusst sein, aber für sie ist das Düsseldorf, das sie kennengelernt haben, geprägt von Wehrhahn-Linie, Neubaugebieten, vom Kö-Bogen, von Großprojekten eben. Natürlich weiß auch Justus Brümmer um die Notwendigkeit vieler Maßnahmen, doch ist seine Ansicht, dass es langsam Zeit werde, die Stadt wieder zu genießen. So wie jetzt, hier, in der Sonne.

Es ist nur ein Beispiel dafür, wie gut es manchmal ist, eine andere - jüngere - Perspektive einzunehmen. Brümmer kommt oft hierher. Das Cafe liegt auf halbem Weg zwischen seinem Zuhause in Düsseltal und seiner Schule, dem Humboldt-Gymnasium. Justus Brümmer will sich einbringen, und er hat eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie seine Zukunft aussehen soll. Er will in Maastricht das Fach "European Studies" studieren. Politiker will er zwar nicht werden, aber er möchte etwas im Hintergrund der Politik machen, beraten vor allem, er steht nicht gerne vorn. Dennoch hat der 16-Jährige sich für den Jugendrat aufstellen lassen, ist gewählt worden und sitzt seit Januar in Gremien des Stadtrates und in der Bezirksvertretung 1 (BV), die für Altstadt, Carlstadt, Stadtmitte, Pempelfort, Derendorf, Golzheim zuständig ist. Dennoch hat er auch auf dem "March for Europe" geredet.

Der Jugendrat ist die offizielle Vertretung der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Düsseldorf, es gibt ihn seit 2007, gewählt wird er für drei Jahre. In den Sitzungen werden Projekte entwickelt und Beschlüsse gefasst, die dann an die Politik weitergeleitet werden. Der Jugendrat kann Anträge und Anfragen an die zuständigen Gremien der Stadt beschließen. Die müssen sich dann damit befassen.

Justus Brümmer sagt, er möchte den Jugendlichen eine Stimme geben. Das ist allerdings nicht immer so einfach, hat er in den ersten Monaten bereits festgestellt. So sei er in der BV 1 sehr gut angenommen worden, die Stadtteilpolitiker hätten sich über seinen Beitrag gefreut, ihn nach seiner Meinung gefragt, in den Ausschüssen des Stadtrats allerdings sei das Klima deutlich kühler. Niemand aber sei unfreundlich gewesen. Immerhin.

Justus Brümmer ist Mitglied der Jungen Union. Noch. Demnächst will er zu den Jungen Liberalen wechseln, weil er deren Positionen etwa zur Homo-Ehe eher teilt. Der Grund für sein politisches Engagement liegt wohl in seinem Elternhaus, meint er: "Wir haben immer über Politik geredet." Er und seine beiden Brüder seien schon früh animiert worden, sich zu interessieren, das Engagement sei da von ganz alleine gekommen. Er würde sich wünschen, dass auch in der Schule mehr das Interesse für politische Themen geweckt wird, vielen seiner Altersgenossen sei das schlicht egal. "Ich finde es wichtig, die Menschen mitzunehmen", sagt er.

Und hier schließt sich ein bisschen der Kreis zwischen der Düsseldorfer Politik und dem großen Ganzen in seinen Augen. Für Justus Brümmer sind die Wähler von Trump, die Brexit-Befürworter, die Anhänger der AfD in Deutschland, Menschen, die nicht mitgenommen wurden. Ein bisschen ist das so wie bei den vielen Großprojekten in Düsseldorf, auch davon müssten die Menschen überzeugt werden, sonst lehnen sie nachher alles ab. Trotzdem sieht er die Zukunft positiv, nicht schwarz. "Es geht uns allen ja sehr gut hier", fügt er hinzu. Das habe er nicht zuletzt festgestellt, als er mit einem Hilfsprojekt für Waisenkinder in Namibia war und dort in den ortsüblichen Wellblechhütten übernachtet hat. "Es wird bestimmt gelingen", sagt er. Und muss wieder in die Schule.

(RP)
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