Stockum Shoa-Überlebende feiert heute ihren 101. Geburtstag

Stockum · Dass Liesel Ginsburg - geborene Frenkel - heute ihr 101. Lebensjahr vollendet, kommt mehr als einem Wunder gleich. Als einzige in ihrer Familie überlebte die gebürtige Mönchengladbacherin die Deportation niederrheinischer Juden nach Riga, wo sie in dem Ghetto ihren späteren Mann Alexander Ginsburg kennenlernte.

In ihrer Heimatstadt Mönchengladbach hatte Liesel Ginsburg die jüdische Volksschule und das Mädchengymnasium bis zur Mittleren Reife besucht. Nach der Ausbildung arbeitete sie in der Rohstoff-Großhandlung ihres Vaters Julius Frenkel, bis dieser unter dem wachsenden Druck durch die Nationalsozialisten sein Geschäft aufgeben musste. Die Familie Frenkel wurde dann mit mehr als 1000 niederrheinischen Juden über den Güterbahnhof Derendorf nach Riga in Lettland verschleppt - insgesamt deportierten die Nazis zwischen 1941 und 1944 fast 6000 Juden über den Bahnhof nahe dem neuen Campus der Hochschule Düsseldorf, wo vor kurzem ein Erinnerungsort zum Gedenken an die Opfer eröffnet worden ist. Julius Frenkel verhungerte ein halbes Jahr nach seiner Deportation im Rigaer Ghetto, Liesel Ginsburgs Mutter Julie starb in Auschwitz, Liesels Bruder Hans wurde im Konzentrationslager Buchenwald ermordet.

Liesel Ginsburg war von 1943 bis 1945 Häftling in den Konzentrationslagern Kaiserwald und Stutthof, nach der Befreiung kehrte sie 1945 zurück nach Mönchengladbach-Rheydt. Dort eröffnete sie ein Textilgeschäft und heiratete 1949 Alexander Ginsburg, mit dem sie einen Sohn bekam. Die Familie zog dann nach Köln, ihr Textilgeschäft in Mönchengladbach führte Liesel Ginsburg aber weiter, bis ihr Mann 1973 zum Generalsekretär des Zentralrats der Juden gewählt wurde. 1996 starb er. 2006 zog Liesel Ginsburg in die Nähe ihres Sohnes nach Düsseldorf, wo sie in einem Pflegeheim in Stockum lebt. Sie hat zwei Enkelkinder. Bevor sie schwer erkrankte, hörte sie gerne klassische Musik, beschäftigte sich mit Literatur und spielte oft auch Bridge.

(semi)
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