Urdenbach Ein Leben für die Bildhauerei

Urdenbach · Am 22. September bekommt der Urdenbacher Heimatverein vom Künstler Julius Wimmer einen Stierkopf.

 Julius Wimmer mit seiner Arbeit "Eizelle".

Julius Wimmer mit seiner Arbeit "Eizelle".

Foto: Anne Orthen

Holz, Kupfer, Beton und Stahl sind seine Materialien und die Dimensionen häufig imposant. "Ich kann mich vor Ideen nicht retten und gehe damit wochenlang schwanger", bekennt der Bildhauer Julius Wimmer schmunzelnd. Bevor diese Ideen zu stählernen Riesen wachsen, fertigt er ein zierliches Modell aus Papier. "Das räumliche Denken im Volumen ist ein Naturtalent", erklärt der 85-jährige Künstler den Weg zur Original-Größe.

Allerdings sei solides Handwerk ebenso unverzichtbar. Julius Wimmer trennt sich nur schweren Herzens von seinen Werken. Am 22. September um 16 Uhr steht das jedoch bevor. Der Allgemeine Bürgerverein Urdenbach (ABVU) erhält einen unverkennbaren Wimmer: einen imposanten Stierkopf. Er wird seinen Platz auf der Grünfläche in Höhe der Robert-Hansen-Straße finden.

"Spielzeug, Flugzeuge und Schiffsmodelle hab' ich schon als Kind hergestellt", erzählt der Urdenbacher. Geld für Material gab's keins, doch die Urdenbacher Kämpe zeigte sich in Sachen Fund-Holz stets großzügig. Mit 13 Jahren schnitzte er sein erstes Kunstwerk mit einem angeschliffenen Schraubenzieher: das kleine Relief eines Indianerkopfes. Aber der Weg zum Bildhauer war weit. Mit Mutter und Geschwistern erlebte er drei Jahre Kinderlandverschickung in Thüringen. Wieder zurück im Rheinland musste seine Mutter die Familie alleine durchbringen; der Vater war im Krieg gefallen. "Platz für die Kunst oder Geld für ein Studium gab es da nicht", erinnert sich Julius Wimmer. Brot-Erwerb war angesagt, und dafür absolvierte er eine Ausbildung zum Maschinenschlosser bei den Wewag-Wotanwerken.

"Zu Weihnachten mussten die Lehrlinge ein Werkstück für eine Ausstellung anfertigen", erinnert sich Wimmer. Seinen Rauchtisch hatte er aufwendig mit einem kunstvollen Relief verziert. Ein Blickfang - der dem Firmendirektor sofort ins Auge fiel. "Sie gehören nicht hier hin, sagte er mir ein paar Tage später", erklärt Wimmer amüsiert. Allerdings zeigte der Chef ein Herz für die Ambitionen seines Azubis und vermittelte ihm Lehrstunden bei einem Bildhauer in Lohausen. Leider nur ein knappes Jahr lang einmal wöchentlich. Rückblickend ein Glücksfall, ist sich Julius Wimmer sicher: "Ich hatte Künstler kennengelernt und kam mit Hilfe eines Bürgen in den Künstlerverein Malkasten." Außerdem trat er dem Berufsverband "Bildender Künste" bei. Eine nachhaltige Bestärkung in seiner Leidenschaft bekommt er durch seine kunstbegeisterte Frau Ruth. Mit ihr lernte er 1955 in einem Kurs in der Werkkunstschule Düsseldorf eine Seelenverwandte kennen.

Stets träumte er davon, sich völlig seiner Passion widmen zu können. Im Alter von 58 Jahren bot sich endlich die Gelegenheit. Der Betrieb ging in die Insolvenz. Das war für den Urdenbacher die Chance seines Lebens: "Ich war so glücklich, endlich frei zu sein für die Kunst", erinnert sich Julius Wimmer und er wagte den Schritt.

Der Bildhauer hat in Urdenbach und der Umgebung unübersehbar Spuren hinterlassen: etwa die Eizelle im Garten des Sana-Krankenhauses, den Ahornsamen beim Kriegerdenkmal oder den Blüten-Brunnen in Garath, um nur einige zu nennen. Mächtig sind seine Objekte und unverwüstlich - trotz des schweren Materials wirken sie durch ihre räumliche Gestaltung transparent. Zahlreiche seiner Werke und die seiner Ehefrau Ruth stehen auch im Garten, im Haus und im Atelier an der Gänsestraße. Am Wochenende öffnet das Ehepaar anlässlich der Aktion Kunstpunkte 2017 sein Atelier - sein Zuhause.

(bgw)
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