Urdenbach Ein Töpferjunge seit nunmehr 50 Jahren

Urdenbach · Horst Gatzen, Gründer der Töpferjungens blickt zurück auf die Zeit als beim Schürreskarren-Rennen noch geschummelt wurde.

 Horst Gatzen im schmucken Ornat, das er auch nächste Woche beim Erntedankfest tragen wird.

Horst Gatzen im schmucken Ornat, das er auch nächste Woche beim Erntedankfest tragen wird.

Foto: Anne Orthen

Damals war es alles noch anders als heute. Nach dem sonntäglichen Hochamt, ging's zur Kirmes auf den Mühlenplatz, Ochs am Spieß gab's bei Fernando und bei Herz Jesu startete das Schürreskarrenrennen. Letzteres machte seinerzeit einzig die katholische Jugend unter sich aus. Bis zwei junge Urdenbacher der Hafer sticht. "Mein Freund Theo Mohr und ich waren sehr sportlich und dachten' dat ist wat für uns", erzählt Horst Gatzen. Doch erstmal mussten sie sich Schürreskarren besorgen.

"Der Heinz Wimmers vom Wimmershof hat uns welche ausgeliehen", erzählt Gatzen. Dennoch: Willkommen fühlten sich die Neulinge nicht. "Die wollten uns gar nicht dabei haben", erinnert sich Gatzen. Jeder lief gegen jeden, und die Älteren wollten unbedingt gewinnen. Also erhielten die Neulinge strikte Anweisung. "Die hatten den Sieger vorher schon abgesprochen", sagt der 73-Jährige und ist immer noch entrüstet.

1967 schoben die beiden 23-jährigen Neulinge Mohr und Gatzen allen Schummeleien zum Trotz das erste Mal im Laufschritt ihre Schürreskarren. Sie nannten sich Töpferjungen, weil sie sich in der Töpferstube trafen. Auf dem Karren lagen drei lose aufgestellte Gemüsesorten, die keinesfalls herunterfallen durften. "Und dann gab es früher diese Tankstellen", meint Horst Gatzen und verdreht die Augen dabei. Tankstellen, bei denen die Läufer ein Bier und einen Schnaps "tanken" mussten und sich für den weiteren Lauf "freikauften". Das sei aber schon lange vorbei, wie die Einzelläufe und die Schummelei.

1968 nahmen die Töpferjungen, inzwischen auf vier Läufer verstärkt, hochoffiziell als Schürreskarrengruppe teil. Das machte wohl auch anderen Lust und Mut zum Mitmachen. 1976 gab es sechs Gruppen und sage und schreibe 70 Schürreskarren. "Mit dem Heinz-Theo Dierdorf kam ein ganzer Kegelverein dazu", erzählt Gatzen. Die einstigen "Pin Up" seien die heutigen "Kämpenflitzer". Gatzen freut sich über diese Entwicklung. Beim Brauchtum schlägt sein Herz. Immer wieder nahmen die Töpferjungen neue Mitglieder auf. Viele wohnten in der Nähe der Töpferstube, manche verselbstständigen sich nach einer Weile zu einer eigenen Gruppe.

Bauernhochzeit, Dönge wie fröher, Omas Küche - die Motti zeugen von fantasievoll geschmückten Wagen und Karren. Eines der schönsten sei für die Gruppe "Omas Küche" gewesen. In der Eifel habe er bei einer Spazierfahrt und Einkehr einen herrlich uralten Küchenofen entdeckt. Das Motto war klar. Weil den Töpferjungen allesamt Brauchtum Spaß macht und gute Werke nicht minder, wurden sie über das Erntedankfest hinaus aktiv. Zahlreiche Kinderfeste und auch ein Straßenfest organisierten die Mitglieder. Über die Erlöse konnten sich Altenclubs und Kindergärten freuen. Aus den Reihen der Töpferjungens kamen fünf Mal Blotschenkönigspaare.

Bei der Gründung zählte die Gruppe fünf Mitglieder; beim heutigen Erntedankfest ziehen 15 Töpferjungen und vier Mädels mit. Horst Gatzen ist Ehrenbaas der Gruppe. Vor fünf Jahren trat sein Sohn Michael als Leiter der Töpferjungens in seine Fußstapfen - Erntedank freudig und schürreskarren-erprobt.

(RP)
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