Düsseldorf Stammzellenklinik: Anklage gegen Ärztin

Düsseldorf · Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen eine Ex-Mitarbeiterin der Privatklinik "X-Cell Center" erhoben. Der Verdacht lautet fahrlässige Tötung und Körperverletzung in Zusammenhang mit einer Stammzelltherapie. Ein Kind war verstorben.

 Behandelt wurden die Patienten am Dominikus-Krankenhaus in Heerdt, wo die Firma X-Cell Räumlichkeiten angemietet hatte.

Behandelt wurden die Patienten am Dominikus-Krankenhaus in Heerdt, wo die Firma X-Cell Räumlichkeiten angemietet hatte.

Foto: Willer

Fast dreieinhalb Jahre nach dem Tod eines zweijährigen Jungen hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen die Ärztin erhoben, die das Kind 2010 mit Stammzellen in der Düsseldorfer Privatklinik der X-Cell Center GmbH behandelte. Der 48 Jahre alten Medizinerin wird fahrlässige Tötung des Jungen aus Rumänien vorgeworfen sowie fahrlässige Körperverletzung zweier ebenfalls behinderter Kinder.

Bei allen drei Kindern hatte es nach der Behandlung mit Stammzellen Komplikationen gegeben. Die ehemalige Mitarbeiterin der Stammzellenklinik habe "durch Anwendung eines bedenklichen Arzneimittels" zudem gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen, teilte Staatsanwalt Christoph Kumpa gestern mit. Auch gegen den damaligen Firmen-Geschäftsführer und zwei weitere Ärzte werde ermittelt. Über die Eröffnung des Verfahrens muss nun das Landgericht entscheiden.

Die Ärztin hatte dem zweijährigen Jungen im August 2010 Stammzellen ins Gehirn gespritzt. Nach der Operation traten Blutungen auf, das Kind wurde zur Behandlung in ein Krefelder Krankenhaus gebracht, wo es dann starb. Komplikationen traten auch bei zwei Jungen - einem zweijährigen Deutschen und einem Neunjährigen aus Aserbaidschan - nach der Behandlung mit körpereigenen Stammzellen auf: Dem Neunjährigen konnte an der Düsseldorfer Uniklinik geholfen werden, dem Zweijährigen an der Uniklinik Heidelberg.

Laut einem Sachverständigen-Gutachten, das im Auftrag der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft erstellt wurde, wurden die betroffenen Eltern "vor den Eingriffen über die mit dem Eingriff verbundenen erheblichen Risiken nicht hinreichend aufgeklärt". Die Einwilligung in die Stammzellen-Therapie, "deren Wirkung nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse höchst zweifelhaft gewesen sei", wäre daher als "unwirksam anzusehen", teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Die Ermittlungen gegen den damaligen Geschäftsführer und zwei Ärzte der ehemaligen Firma X-Cell wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz dauern noch an. Ob sich einer der beiden Ärzte auch der fahrlässigen Körperverletzung schuldig machte, werde im Rahmen der Ermittlungen überprüft. Denn auch wenn die Behandlungen nicht zu Komplikationen führten, könnte durch "die möglicherweise fehlenden wirksamen Einwilligungen der Angehörigen" eine fahrlässige Körperverletzung vorliegen. Da eine Vielzahl von Patientenakten ausgewertet werde, sei mit einen zeitnahen Abschluss der Ermittlungen nicht zu rechnen.

Das X-Cell Center hatte nach eigenen Angaben seit der Eröffnung 2007 mehr als 3500 Patienten mit Stammzellen behandelt, darunter Menschen mit Morbus Alzheimer, Arthrose, Multipler Sklerose und Morbus Parkinson. Sitz in Düsseldorf waren angemietete Räume am Dominikus-Krankenhaus in Heerdt. Die Kosten für die Behandlungen mit Stammzellen, die aus dem Knochenmark des Beckens entnommen und dann zum Beispiel in das Gehirn oder in das Rückenmark gespritzt wurden, kosteten zwischen 7500 und 26 000 Euro.

Kritik an der Düsseldorfer Stammzellen-Behandlung hatte es bereits vor dem Tod des zweijährigen Jungen aus Rumänien gegeben, doch durch eine Gesetzeslücke und eine Übergangsfrist konnte X-Cell auch ohne Genehmigung der europäischen Arzneimittelbehörde mit Stammzellen arbeiten. Im Mai 2011 erwirkte die Bezirksregierung Köln als zuständige Behörde in Absprache mit dem NRW-Gesundheitsministerium dann die Schließung der Klinik.

(RP)
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