Abriss erneut verschoben Tausendfüßler - ein Politikum

Düsseldorf · Stillstand ist für eine dynamische Stadt wie Düsseldorf nur schwer zu ertragen. Dies gilt erst recht, wenn der Stillstand verordnet ist. Und deshalb sorgte die Nachricht aus dem NRW-Ministerium für Bau und Verkehr in dieser Woche im Düsseldorfer Rathaus für Empörung: Der Ministerentscheid zum geplanten Abriss der denkmalgeschützten Hochstraße Tausendfüßler wird erneut verschoben - auf Anfang Juni und damit nach der Landtagswahl am 13. Mai.

Das ist der Tausendfüßler
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Dabei bleibe es, so das jüngste Versprechen aus dem Haus von Harry K. Voigtsberger (SPD). Doch zu oft sind vom Minister selbst gesetzte Fristen verstrichen. Zu unverhohlen ist die Freude bei der Düsseldorfer SPD, aber auch bei den Grünen. Beide lehnen das Projekt Kö-Bogen, in dessen zweiten Bauabschnitt die seit 1994 denkmalgeschützte Betonbrücke abgerissen werden soll, als Ganzes ab.

Eine Entscheidung mitten im Landtagswahlkampf kann Rot-Grün nicht brauchen. Egal, wie sie ausfällt. Stimmt der eigene Minister für den Abriss, stehen seine Düsseldorfer Genossen als Verlierer da. Entscheidet er in ihrem Sinne für den Erhalt der Brücke, sind sie die Verhinderer einer Stadtentwicklung, bei der Autos in Tunnel fahren und Fußgänger über einen Boulevard flanieren. Beides macht sich nicht gut in Wahl-Slogans. Die Grünen sind in ihrem Kampf für den Erhalt eines Symbols der autogerechten Stadt ohnehin in Argumentations-Schwierigkeiten.

Nun also weitere Wochen Stillstand. Rot-Grün atmet erleichtert auf. Schwarz-Gelb tobt, unterstellt Voigtsberger Verzögerungstaktik. Das Versprechen einer rein fachlichen Entscheidung mag dort kaum mehr jemand glauben. Dieser Ministerentscheid ist zu einem Politikum geworden. Da nutzt es wenig, dass die mit dem Gutachten beauftragte Firma, Leonhardt, Andrä und Partner aus Stuttgart, Voigtsberger ein stichhaltiges Alibi gibt.

Das Unternehmen, das auch Groß-Projekte für NRW-Landesbetriebe realisiert, hat weiteren Prüfbedarf angemeldet und um Verlängerung der Abgabefrist für das Gutachten gebeten. Voigtsberger, der das Ergebnis des Gutachtens als Basis für seine Entscheidung nehmen will, hat dem gerne entsprochen. Der Zwischenbericht der Gutachter attestiert dem Tausendfüßler grundsätzlichen Sanierungsbedarf und erforderliche Ertüchtigungsmaßnahmen. Ob das Bauwerk damit seinen Charakter als Denkmal behalten kann, ist mehr als fraglich.

Die Stadt und damit die Düsseldorfer Steuerzahler wird die erneute Verzögerung jedoch einiges kosten. Denn das Rathaus hat einige Arbeiten auf Eis gelegt: den Bau des Autotunnels, der den Autoverkehr von der Berliner Allee Richtung Norden bis zum Theatermuseum leiten soll, und den Abriss der von Fußgängern genutzten Jägerhofpassage.

Diese Maßnahmen gehören zum ersten Bauabschnitt, haben also mit dem geplanten Abriss des Tausendfüßlers nichts zu tun und könnten ohne rechtliche Hürden umgesetzt werden. Für jede Woche Verzögerung muss die Stadt an die beauftragten und bereitstehenden Unternehmen zahlen. Dessen sollte sich Voigtsberger, der auch Minister für Wirtschaft ist, bewusst sein.

(ila)
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