Justiz in Düsseldorf Terror-Prozesse belasten die JVA

Düsseldorf · Die Terror-Prozesse am Oberlandesgericht in Düsseldorf stellen die JVA vor Herausforderungen. Bis zu 15 Vollzugsbeamte müssen Angeklagte bewachen und fehlen in der Haftanstalt. Auch die Aggressivität bestimmter Gruppen von Gefangenen macht den Bediensteten zu schaffen.

 Frank S. (2.v.r.) stand 2016 wegen des Attentats auf die spätere Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht.

Frank S. (2.v.r.) stand 2016 wegen des Attentats auf die spätere Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht.

Foto: dpa

Das Düsseldorfer Oberlandesgericht (OLG) hat einen guten Ruf, es verfügt über erfahrende Juristen und ein besonders gesichertes Verhandlungsgebäude. Dies bringt jedoch nicht nur die Polizei, sondern auch die Justizvollzugsanstalt an ihre Grenzen. An manchen Tagen sind es 15 Beamte, die inhaftierte Angeklagte aus der JVA zum Prozess bringen und bewachen müssen. "Dann fällt für die anderen Gefangenen schon mal der Sport aus, weil wir nicht genug Leute haben", sagt JVA-Leiterin Elke Krüger. Erst kürzlich hatte Polizeipräsident Norbert Wesseler auf die zusätzliche Belastung der Polizei durch die Bewachung der Terror-Prozesse hingewiesen. Doch auch bei der Justiz wird's eng.

Drei der derzeit 266 Stellen im Strafvollzug sind Krüger eigens wegen der zusätzlichen Belastung durch die Terror-Prozesse zugewiesen worden. Eine Rechnung, die zwar übers Jahr aufgehe, aber dem Alltag nicht unbedingt standhalte. Die Verhandlungen beim OLG sind in der Regel langwierig, und in der Düsseldorfer Haftanstalt kommen für die Dauer eines solchen Verfahrens auch Angeklagte unter, die eigentlich in einer weiter entfernten Anstalt einsitzen. Und: Terror-Verdächtige in Untersuchungshaft müssen voneinander getrennt werden. "Das heißt aber nicht nur getrennte Zellen. Das bedeutet, dafür Sorge zu tragen, dass es im Sport, in den Freistunden und auch beim Arztbesuch nicht zu Begegnungen kommt", sagt Krüger.

108 Überstunden im Durchschnitt schiebt inzwischen jeder ihrer Leute vor sich her, mehr als in anderen Gefängnissen in NRW. Der Krankenstand liegt mit 13 um zwei Prozent über dem Landesdurchschnitt. Zwar gibt es viele Angebote in Sachen Gesundheitsmanagement, zur Stressbewältigung etwa und auch zur Verarbeitung besonderer psychischer Belastungen, aber, sagt Krüger, "oft haben die Mitarbeiter dazu gar keine Zeit".

Als besondere Belastung haben sich im Gefängnis auch die sogenannten Hauptverhandlungshäftlinge entpuppt. 20 sind es etwa im Monat, die von der Polizei gebracht werden, nachdem sie bei eindeutiger Beweislage etwa beim Taschendiebstahl erwischt worden sind und auf ihren schnellen Prozess warten sollen. "Diese Gruppe ist hochgradig aggressiv. Viele haben vorher gehört, dass ihnen bei der ersten Festnahme keine Konsequenzen und bei einer Verurteilung auch kein Gefängnis droht. Die sind dann überrascht, plötzlich eingesperrt zu sein", sagt Krüger.

Die abschreckende Wirkung, die sich Polizei und Justiz von der Hauptverhandlungshaft erhofften, habe sich aber noch nicht eingestellt. "Diese Gefangenen stellen, kaum dass sie aus dem Bus ausgestiegen sind, Forderungen. Wird ihnen etwas verweigert, werden sie gewalttätig - oder drohen mit Suizid", sagt Krüger. So mancher Gefangene sieht dann seine normale Zelle die ganze Woche nicht, weil er in einem besonders gesicherten Haftraum untergebracht wird. "Manche beruhigen sich nach den ersten Stunden - andere müssen meine Mitarbeiter in Körperschutzausrüstung aus der Zelle holen, um sie zum Gericht zu bringen."

Fotos: Islamist Sven Lau beim Prozessauftakt in Düsseldorf
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Salafistenprediger Sven Lau beim Prozessauftakt in Düsseldorf

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Erst im Gerichtssaal geben sich die Männer dann lammfromm, reumütig und nicht der deutschen Sprache mächtig. Einer hat Krüger einmal erzählt, warum er sich so aufgeregt hatte: Auf der Straße erzähle man sich, spätestens mit einer Selbstmorddrohung käme man aus einem deutschen Gefängnis frei.

Bis zum Prozess ins Gefängnis

Untersuchungshaft wird nur bei schweren Straftaten und unter besonderen Voraussetzungen verhängt. Die sogenannte Hauptverhandlungshaft dagegen greift gerade bei Delikten, auf die Strafen von nur bis zu einem Jahr stehen.

Bedingung Voraussetzung ist eine klare Beweislage und eine Hauptverhandlung, die innerhalb einer Woche nach Inhaftierung beginnt. Auch muss zu befürchten sein, dass der Beschuldigte sich sonst dem Prozess entziehen würde.

(RP)
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