Düsseldorf Geisel: "Neue Schulden kein Tabubruch"

Düsseldorf · Wegen der schlechteren Finanzlage sieht Thomas Geisel die Reserven der Stadt bald aufgebraucht. Er setzt auf Sparen, Grundstücksverkäufe und Ausschüttungen städtischer Töchter. Die Schuldenbremse sei "nicht in Stein gemeißelt".

 Die Stimmung war nicht die beste, als Oberbürgermeister Thomas Geisel (links) und Kämmerer Manfred Abrahams zur Finanzlage sprachen.

Die Stimmung war nicht die beste, als Oberbürgermeister Thomas Geisel (links) und Kämmerer Manfred Abrahams zur Finanzlage sprachen.

Foto: Endermann, Andreas

Die Stimmung zwischen Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD), seit 2. September im Amt, und Kämmerer Manfred Abrahams (CDU), seit 2010 Herr der Finanzen im Düsseldorfer Rathaus, ist angespannt, als die beiden sich den Fragen der Journalisten stellten. Es geht um die Finanz-Situation der Stadt - und die scheint deutlich schlechter zu sein, als von Geisel bei seiner Amtsübernahme erwartet. "Ich war selbst überrascht", sagt der neue Rathaus-Chef und meint das Finanzpolster. Das ist bei einer Holding deponiert, die zu 100 Prozent der Stadt gehört und die eine Art Dach für die städtischen Töchter ist.

Aus diesem Polster leiht sich die Stadt regelmäßig Geld für ihre Liquidität. Ende des Jahres wird es nur noch 125 Millionen Euro betragen - weit entfernt von den 307 Millionen Euro, die auf dem Sparschwein standen, das die CDU-Fraktion Geisel mahnend zum Amtsantritt überreicht hat. Die Realität des städtischen Haushalts sieht längst anders aus: Statt der geplanten knapp 60 Millionen Euro wird der Kämmerer sich in diesem Jahr 200 Millionen bei der Holding leihen müssen, damit die Stadt liquide, finanziell flüssig bleibt. 2015 wird es kaum besser aussehen. Auch die Ausgleichsrücklage, mit der Defizite im Haushalt ausgeglichen werden, schrumpft: Lag sie 2007 noch bei 540 Millionen, werden es Ende des Jahres nur noch 181 Millionen Euro sein.

"Das zeigt mir, dass wir in Liquiditätsengpässe geraten und unsere Reserven bald aufgebraucht sind", sagt Geisel. Er will gegensteuern, schließt dabei auch die Aufnahme neuer Schulden nicht aus. "Solange der Nutzen für die Stadt höher ist, kann man Investitionen über Schulden finanzieren." Die in der Satzung verankerte Schuldenbremse, erst im April mit den Stimmen von CDU, Grünen und FDP im Stadtrat beschlossen, sei "nicht in Stein gemeißelt". Er sehe keinen Tabubruch in Kreditaufnahmen, betont Geisel. Dass die FDP seinen Kurs unter diesen Umständen mitträgt, davon ist Geisel überzeugt: "Das sind Realisten!" Zunächst will er jedoch andere Möglichkeiten abklopfen: Einnahmen sollen gesteigert werden - vor allem durch mehr Grundstücksverkäufe (dieses Jahr nur zehn, nicht die avisierten 40 Millionen Euro) und höhere Ausschüttungen der städtischen Töchter. Neue oder höhere Steuern plant Geisel nicht.

Außerdem will er Ausgaben reduzieren. So soll am Sparziel im Personalbereich festgehalten werden. Jährlich sollen 32 Millionen Euro eingespart werden, in diesem Jahr ist es laut Abrahams nur zur Hälfte gelungen. Ab 2015 werde man dem Ziel aber näher kommen. Während das Konzept zum Bau neuer Schulen durchgezogen werden soll, wird das Bäderkonzept wohl abgespeckt: Investiert wird so viel, dass der Schwimmunterricht sichergestellt ist. Die von der Ampel vorgesehenen Mittel für die freie Kulturszene will Geisel hingegen zur Disposition stellen: "Das war etwas vorschnell."

Das ist das Programm der Ampel
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Foto: A. Endermann

Relativ einig sind sich der Rathaus-Chef und sein Kämmerer bei den Ursachen für die schlechtere Finanzlage: die Beseitigung der Schäden durch den Pfingstorkan "Ela" anzusetzen, die steigende Zahl von Flüchtlingen, 23 Millionen Euro für die Übernahme der Freien Christlichen Schule, das Ausbleiben von Ausschüttungen städtischer Töchter (etwa Stadtsparkasse). Hinzu kommen nicht erfüllte Erwartungen bei der Gewerbesteuer: Für 2014 sind 896 Millionen Euro angesetzt, es werden netto wohl 50 Millionen weniger sein. Geisel nennt eine weitere Ursache: Die Großprojekte Kö-Bogen und Wehrhahn-Linie steigerten zwar die Attraktivität Düsseldorfs, aber sie haben die Stadt "ihre finanzielle Kraft gekostet".

Mancher wirft Abrahams vor, zu optimistisch kalkuliert zu haben, nicht transparent gewesen zu sein. Andere vermuten eine Strategie der neuen Stadtregierung: Löcher, die jetzt im Haushalt aufgedeckt werden, sind ihr nicht anzulasten.

(RP)
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