Düsseldorf Geisel zeigt neue Führungskultur

Düsseldorf · Erstmals hat ein Oberbürgermeister seine Belegschaft zu einem offenen Austausch eingeladen. Vor 5200 städtischen Mitarbeitern kündigte Thomas Geisel Zielvereinbarungen an und erklärte: "Wir sind Dienstleister der Bürger".

 Alexandra Rosenkranz (r.) überreicht OB Geisel bei der Versammlung mit ihrer Kollegin Iris Loos einen Brief mit ihrem Anliegen: Die 45-Jährige möchte eine zweite Ausbildung zur Erzieherin machen.

Alexandra Rosenkranz (r.) überreicht OB Geisel bei der Versammlung mit ihrer Kollegin Iris Loos einen Brief mit ihrem Anliegen: Die 45-Jährige möchte eine zweite Ausbildung zur Erzieherin machen.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Alexandra Rosenkranz hat ihren ganzen Mut zusammengenommen. Mit ihrer Kollegin Iris Loos kommt sie in der vollen Mitsubishi Electric Halle nach vorne an die Bühne und überreicht OB Thomas Geisel einen Brief. Die 45-jährige alleinerziehende Mutter ist ausgebildete Frisörin, arbeitet seit einigen Jahren als pädagogische Ergänzungskraft im Offenen Ganztag der Stadt. Nun möchte sie eine Ausbildung zur Erzieherin machen. Der Weg blieb ihr bisher versperrt, weil sie keine mittlere Reife hat. Geisel hört sich das Anliegen an. "Ich kümmer mich", sagt er, schränkt aber ein: "Versprechen kann ich nichts."

Rund 5200 städtische Mitarbeiter füllen die Halle - so viele sind es bei Personalversammlungen selten. Diesmal haben aber auch nicht die Mitarbeitervertreter vom Personalrat eingeladen, Gastgeber ist der Rathaus-Chef selbst. "Das hat es noch nie gegeben", sagt der Personalratsvorsitzende Robert Wollborn, mit seinen Kollegen Kathrin Lang, Wolfgang Hose und einem Großteil der städtischen Belegschaft ist er sich einig: "Ein starkes Signal." Es sei in den vergangenen 15 Jahren "viel Porzellan zerschlagen" worden, und es werde dauern, das Vertrauen zurückzugewinnen.

Führungskultur Personalrat Hose spricht von "Kontrollwahn", der sich in der Stadtverwaltung breitgemacht habe, es fehle in vielen Ämtern an Wertschätzung. Geisel macht klar, dass er das ändern will. "Ein Klima der Angst lähmt jede Organisation." Weil große Aufgaben zu stemmen seien, "brauche ich motivierte Mitarbeiter, die Verantwortung übernehmen". Dazu gehöre, dass mal Fehler gemacht werden. Mehrfach bekommt Geisel Applaus.

Effizienz Geisel will insgesamt nicht mehr Personal einstellen. Denn Geld fehle nicht nur im Personalbereich, "und wir wollen keinen ungedeckten Haushalt vorlegen". Ihm sei aber bewusst, dass die Personalsituation in einigen Bereichen dramatisch sei und aus der Mehrarbeit für die Belegschaft ein Teufelskreis entstehe. Er will deshalb "weg von dem stupiden Gießkannenprinzip", sondern dort handeln, wo es nötig ist, und die Leistungsfähigkeit der Belegschaft erhöhen. Hohe Krankenstände nimmt er in den Fokus, die könnten Zeichen von Überlastung oder Frustration sein. Vakante Stellen sollen rasch wiederbesetzt werden. "Den Personalrat verstehe ich dabei als Partner", betont Geisel. Nicht die Kontrolle, sondern das Ergebnis zähle. "Wir sind Dienstleister der Bürger." Deshalb soll es Zielvereinbarungen geben (auch für Beamte), gemeinsam mit den Mitarbeitern aufgestellt, mit Prioritäten versehen und gekoppelt an Leistungsprämien.

Befristungen Im Wettbewerb um Fachkräfte müsse die Stadt ein guter Ausbilder und Arbeitgeber sein, um qualifizierte Menschen zu binden. Dazu gehöre, dass befristete Verträge die Ausnahme bleiben.

Privatisieren/ Auslagern Das Auslagern von Aufgaben (Outsourcing) sei nicht immer der sparsamste Weg. Allerdings gebe es bei Ausschreibungen öffentlicher Aufträge gewisse Vorteile. Deshalb wolle er bei Schulneubauten den effizientesten Weg über eine städtische Firma wählen. Die Verlagerung von städtischen EDV-Aufgaben in die mit Neuss und anderen Kommunen betriebene ITK Rheinland, sei "höchst unbefriedigend". Deshalb will Geisel das Konstrukt auf den Prüfstand stellen und gegebenenfalls sogar aussteigen.

(RP)
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