JVA Rheinbach Berühmtester Bankräuber Düsseldorfs im Hungerstreik

Düsseldorf · Thomas Wolf, einst meistgesuchter Verbrecher, will in der JVA Rheinbach eine bessere medizinische Versorgung. Der gebürtige Düsseldorfer leidet an Borreliose. Seit Anfang Mai ist der 62-Jährige deshalb im Hungerstreik.

 Thomas Wolf - hier im Landgericht in Wiesbaden, das ihn zu 13,5 Jahren verurteilte - muss einschließlich diverser Reststrafen bis 2028 sitzen.

Thomas Wolf - hier im Landgericht in Wiesbaden, das ihn zu 13,5 Jahren verurteilte - muss einschließlich diverser Reststrafen bis 2028 sitzen.

Foto: dpa

Er ist schwer krank. Thomas Wolf, der 2009 zum meistgesuchten Verbrecher Deutschlands avancierte und auf der Reeperbahn in einem spektakulären Polizeieinsatz verhaftet wurde, leidet an Borreliose. Es gehe ihm nicht gut, sagt eine Vertraute des zuletzt wegen Bankraub und Entführung verurteilten heute 62-Jährigen. Und er werde im Gefängnis in Rheinbach nicht ausreichend medizinisch versorgt. Das hatte er schon voriges Jahr dem "Spiegel" mitgeteilt. Seit Anfang Mai ist Wolf deshalb im Hungerstreik.

Die Erkrankung hatte Wolf sich auf der Flucht vor der Polizei zugezogen. Wohl, als er in der Nordheide die Reisetasche mit 1,8 Millionen Euro vergrub, die er mit der Entführung einer Bankiersfrau in Wiesbaden erpresst hatte, war er von einer Zecke gebissen worden, die ihn infizierte. Die typischen Symptome der Krankheit nimmt nicht jeder dem Mann im Rentenalter ab, der sich seit seiner Jugend immer wieder mit Tricks und Flucht den Strafen entzogen hat, zu denen er reichlich verurteilt wurde.

In Düsseldorfaus wurde Wolf Ende der 1960er Jahre, was man heute einen jugendlichen Intensivstraftäter nennt. Aufgewachsen ist der Kaufmannssohn in Oberbilk, von wo er schon als 13-Jähriger aus dem zerrütteten Elternhaus in die Altstadt flüchtete. Sein allererstes Bier, erinnert er sich in einer Gefängniszelle im hessischen Weiterstadt, trank er im "Auberge" an der Bolkerstraße, die ersten Schnäpse gab ihm ein Onkel in einer Eckkneipe in Oberbilk aus.

Alkohol hatte in seinem Leben, das Wolf in der hessischen Strafanstalt zu Papier brachte, stets eine große Rolle gespielt. Anfangs hatte er demnach aber noch keine Probleme, als leidlicher Schüler noch regelmäßig am Unterricht mit positiven Gymnasialaussichten teilzunehmen. Das endete abrupt, Wolfs Erzählungen zufolge vor allem seiner desinteressierten Mutter wegen. Der 14-Jährige machte die heute als legendär geltenden Kneipen "Cream" und "Digger" zu seinem zweiten Zuhause, begann Gras zu rauchen, klaute sein erstes Auto, weil ihm und seiner Altstadt- Clique die sommerlichen Busfahrten zum Unterbacher See zu umständlich wurden, und dealte mit Rauschgift.

In einem Oberbilker Fußballverein wurde Wolf zum ersten Mal gewalttätig, schlug einem Sportkameraden die Zähne ein, weil der ihn des Diebstahls verdächtigt hatte. Das führte zu seinem ersten Polizeikontakt, nicht aber vor Gericht, weil er sich artig bei seinem Opfer entschuldigte.

Eine Lehre bei Radio Sülz, einem der angesagtesten Musikgeschäfte Düsseldorfs, nutzte Beatles-Fan Wolf nach eigenen Angaben schnell, um HiFi-Geräte und Langspielplatten auf Bestellung zu stehlen. Nicht deshalb, aber wegen eines gestohlenen Mopeds verbrachte er seinen 16. Geburtstag in der Ulmer Höh', verlor dadurch die Lehrstelle, stieg stattdessen mit einem Freund ins Rauschgiftgeschäft ein.

Den ersten Versuch einer bürgerlichen Existenz machte Wolf mit knapp 19, als er eine 16-Jährige schwängerte. Von mittags bis abends brach er fortan Autos auf, traf seinen Hehler in einer Kneipe am Worringer Platz und kümmerte sich dann um seine Freundin. Die verlor er nach der Entbindung in der Flurklinik samt des gemeinsamen Kindes aus den Augen.

Seine erste Waffe erwarb Wolf, der großen Wert darauf legt, nie eine scharfe Waffe gehabt zu haben, an der Oststraße. Weil er mit dem Schreckschuss-Colt erst einen Autofahrer an den Rheinterrassen überfiel, dann auf einen Polizisten zielte, landete er erneut im Knast, machte in der "Ulm" einen Schweißerlehrgang. Danach versuchte er sich als Betrüger mit gefälschten Parfüms, reiste mit ebenso unechten Papieren, stahl Autos und verkaufte sie, und handelte sich, inzwischen verheiratet und erneut Vater, eine weitere Haftstrafe ein. Mit Frau und Kind tauchte er im Westerwald unter, überfiel seine erste Bank. Die Ehefrau verriet ihn später an die Polizei, die ihn auf der Kö überwältigte. Wieder Haft, wieder ein Urlaub, den er in Düsseldorf verbrachte - und aus dem er nach einem Alkoholexzess im Oberbilker "Josefseck" nicht zurückkehrte - nach neun bereits verbüßten Jahren. Das war zum Jahrtausendwechsel und seither hat sich Wolf, dessen offensichtliche Liebe zu Düsseldorf eine der wenigen Konstanten in seinem Leben ist, seine Heimat kaum mehr gesehen.

In Holland erbeutete er bei einem erneuten Bankraub mit einer Bombenattrappe genug Geld, um für Jahre in Frankfurt unterzutauchen. Als das Geld zur Neige ging, entführte er die Wiesbadener Bankiersfrau.

Bemerkenswert frei von Empathie erzählt Wolf seine Geschichte, die im Lamento über seine Behandlung durch die Justiz sieht. Die hatte ihm für die Wiesbadener Tat noch einmal 13,5 Jahre aufgebrummt. Als Wolf im Gerichtssaal "meine Karriere für unwiderruflich beendet" erklärte, war die Borreliose gerade erst diagnostiziert worden.

(RP)
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