Kolumne Mein Düsseldorf Touristen auf Gesundheits-Reise

Düsseldorf · Besucher aus Russland oder China geben nicht nur an der Kö, sondern auch in den Düsseldorfer Apotheken viel Geld aus.

Kö in Düsseldorf: So schön sind die Schaufenster der Geschäfte
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So schön sind die Schaufenster an der Kö

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Vor ein paar Tagen in der Apotheke am Schadowplatz. Wieder steht eine dieser auffälligen Damen neben mir am Verkaufstresen. Enge Leggins und hohe Overknee-Stiefel betonen die nicht ganz so schlanken Beine, eine Jacke aus Wolfsfell schützt vor der (für Russen albernen) Kälte von plus 6 Grad. Das Make-up ein bisschen zu dick, die Fingernägel ein bisschen zu rot - aber die englische Sprache beherrscht die Dame perfekt, mit charmantem russischen Akzent.

Was sie kauft, ist nicht ungewöhnlich: Aspirin, zwei, drei andere Medikamente - und Orthomol. Jenes Gebräu, das, je nach Zusammensetzung, Männern wie Frauen hilft, wenn die Flügel matt, die Lenden lahm, die Hormone faul und die Beine schwer werden. Aber auffallend ist die Menge - sie legt am Ende 800 Euro hin (bar, natürlich!), lässt sich die "Tax-free-Bestätigung" für den Zoll geben und schafft zwei mächtige Tüten weg. Wenige Tage zuvor hatte an selber Stelle eine Landsfrau fast 2000 Euro für das Zeug bezahlt. Ihr Begleiter schleppte ächzend die Tüten mit der Ration für die nächsten acht bis zehn Monate davon.

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Chinesen decken sich mit Babynahrung ein

Ähnlich der Auftritt von vier Chinesen im Drogerie-Markt der Schadow Arkaden. Ein paar Einkaufswagen voller Babynahrung schieben sie zur Kasse. Ihr Kassenzettel von rund 1000 Euro dürfte den Rekord des Tages gesetzt haben. Warum Russen Medikamente und Chinesen Babynahrung kaufen? Und Japaner die Baby-Ersatzmilch Aptamil? Weil sie den Produkten daheim nicht trauen: In Russland gibt es diese Marken natürlich auch, aber keiner weiß, was in den Packungen steckt - oft sind es geschickt gemachte Fakes. Da bekommt der Spruch von Risiken und Nebenwirkungen einen völlig neuen Klang. Und die Chinesen haben immer noch den Skandal um vergiftete Babynahrung im Kopf. Mehrere Kinder starben - seitdem kauft jeder, der es sich leisten kann, das Zeug im Ausland. Bei den Japanern ist es die Verseuchung seit Fukushima, die sie bestimmte Produkte lieber hier besorgen lässt.

Dafür gibt Düsseldorf das meiste Geld aus
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Foto: Endermann (2), Bretz

Warum das alles erwähnenswert ist? Weil Düsseldorf seit geraumer Zeit ein Zentrum des Medizintourismus ist, und diese Art des Einkaufens eine neue Variante darstellt. Tendenz: steigend. Während die Stadt sich mit ihrem grinsenden D blamiert und bei der Frage nach einem Profil Düsseldorfs lamentiert, das sei schwer zu bestimmen, haben andere die Chance erkannt und setzen entsprechende Marketing-Konzepte um. Hotel-Chefs wie Roland Hoogerbrugge (Interconti) und Cyrus Heydarian (Breidenbacher Hof) helfen gern, wenn einer kommt und Rücken oder Schlimmeres hat. Ganze Service-Pakete sind geschnürt und werden international vermarktet. Immerhin sind sie verlinkt mit der Seite der Stadt, auf der eine Info-Seite zu allen Hotels erklärt, wo einem geholfen wird. Und von wem.

Düsseldorf profitiert vom "Medizin-Tourismus"

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Medizin-Tourismus heißt das Ganze, doch offiziell mag man den Begriff nicht wirklich - offenbar findet man, er klingt zu sehr nach Butterfahrt oder Senioren-Tripps mit Heizdeckenverkauf und der Präsentation neuer Inkontinenzpillen. Die Eingeweihten haben solche Probleme nicht, weil sie wissen, welchen Umfang das Ganze inzwischen hat - Hotels, Kliniken, niedergelassene Ärzte, Ernährungsberater haben sich zusammengetan, weil alle davon profitieren. Dass nun auch Apotheken und Drogerie-Märkte vom Kuchen was abkriegen, ist ziemlich neu. Vor allem für die Kliniken können diese zahlungskräftigen Patienten die Frage nach dem Überleben des Hauses entscheiden. Denn sie zahlen bar - und vorher. Die Kosten werden kalkuliert, dann gibt es eine Rechnung, und die ist fällig, bevor der Arzt zum Stethoskop oder Skalpell greift. Probleme gab es bislang kaum, berichten die Sprecher der Kliniken wie VKKD (Verband katholischer Kliniken Düsseldorf), der Uni oder des EVK.

Die Dichte an hochklassigen Krankenhäusern hat Düsseldorf fast ohne Zutun ein Profil beschert - nix mehr Handy-, sondern Medical City. Die Menschen kommen nicht wegen einer berühmten Kirche, sondern wegen Medizin und Mode - zwei Türme der ganz anderen Art.

Die noch mehr anzustrahlen, wäre klug.

(RP)
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