Interview mit Gästeführer Michael Vetten "Touristen mögen Genuss, nicht Nähe"

Düsseldorf · Düsseldorf Marketing hat Vorschläge für den neuen Auftritt Düsseldorfs gemacht. Im Mittelpunkt stehen dabei das Thema Nähe und der kleingeschriebene Name der Stadt. Gästeführer Michael Vetten begeistert das weniger.

Er weiß, was Düsseldorfs Gäste wollen: Michael Vetten.

Er weiß, was Düsseldorfs Gäste wollen: Michael Vetten.

Foto: Bretz, Andreas

Wie gefallen Ihnen die Ideen für die neue Dachmarke?

Michael Vetten Düsseldorf Marketing & Tourismus (DMT) hat in einer internationalen Umfrage 9000 Teilnehmer befragt, die Nähe und Freiheit als entscheidende Attribute nennen. Das deckt sich nicht mit den Rückmeldungen, die wir als freiberufliche Gästeführer von unseren rund 100.000 Besuchern pro Jahr erhalten, die wir im Auftrag der DMT betreuen. Leider sind wir aber in die Vorüberlegungen für die Dachmarke Düsseldorf überhaupt nicht einbezogen worden.

Welche Rückmeldungen erhalten Sie von den Gästen?

Vetten Man muss zwei Gruppen unterscheiden: die Gäste, die gezielt nach Düsseldorf kommen, also vor allem Busreisende, und die Gäste, die eine Flusskreuzfahrt gebucht haben und dabei unter anderem, aber nicht gezielt in Düsseldorf einen Landausflug unternehmen. Die Busreisenden wissen genau, was sie wollen: Lebensfreude genießen mit Gastronomie und Shoppen. Die Schiffsreisenden mögen insbesondere die Architektur und die Urbanität von Düsseldorf, den Medienhafen und häufig wird auch die Sauberkeit genannt. Kunst und Kultur werden leider von den wenigsten Gästen nachgefragt.

Was schlussfolgern Sie daraus für den Auftritt der Stadt?

Vetten Nähe und Freiheit sind für Besucher kaum erlebbar und deshalb auch nicht relevant. Was den Menschen aber in Erinnerung bleibt, ist die Genuss-Stadt Düsseldorf, weil man hier auf allen Leveln genießen kann, sowie die spürbare Lebensfreude.

Welche Bilder verbinden Sie damit?

Vetten Die Königsallee, denn es gibt keine Rundfahrt ohne Kö. Die Rheinuferpromenade, denn dort geht den Menschen sichtbar das Herz auf. Der Medienhafen zählt auch immer zu den Highlights, oft bekommt man die Besucher gar nicht mehr runter von der "Living Bridge". Und die guten Gespräche in einem Brauhaus, die sich in Düsseldorf fast immer ergeben.

Welche Rolle spielt denn die menschliche Nähe?

Vetten An diesem Punkt passt der Begriff. Die Gäste mögen, dass wir Rheinländer offen sind, dass man hier immer ins Gespräch kommt und dass wir uns gut selbst auf den Arm nehmen können.

Wie gefällt Ihnen das kleingeschriebene Düsseldorf im Konzept?

Vetten Mir erschließt sich nicht, wie man mit dem kleingeschriebenen "düsseldorf" diese Stadt groß rausbringen kann. Düsseldorf würde sich damit doch unnötig klein machen.

Ziel der Kampagne ist es, Düsseldorf ähnlich wie Kopenhagen zu positionieren. Wie stehen Sie zu diesem Ansatz?

Vetten Das kam bei den Gästeführern gut an. Kopenhagen ist sauber, die Menschen sind freundlich. Kopenhagen ist eine schöne Stadt für Familien und Radfahrer, ein Bild, das auch zu Düsseldorf gut passt. Leider auch das Preisniveau, Kopenhagen ist eine der teuersten Städte der Welt.

Die Fragen stellte Christian Herrendorf.

(RP)
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